Wissen/Wissenschaft

Darum ist Hallstatt so bedeutend

Wir schreiben 1344 v. Chr.: In Ägypten regiert Echnaton, sein Sohn Tutanchamun ist noch nicht geboren. Und bei uns? Da brechen Männer mit Äxten in den Wald um Hallstatt auf, um dicke Stämme zu fällen. Eine Stiege für ihr Salzbergwerk soll daraus entstehen. 3.347 Jahre später entdecken Archäologen das perfekt erhaltene Stück im Berg – dem Salz sei Dank.

Seit dem 19. Jahrhundert beschäftigen sich Prähistoriker mit der Erforschung des Uralt-Bergbaus, ja der ganzen Landschaft rundum. Schon in der Bronzezeit war Hallstatt eine Salz-Metropole. Im weiten Umfeld – bis nach Polen, Siebenbürgen und die Toskana – gab es keine anderen Anbieter. Die Ur-Salzburger schlugen riesige Hallen aus dem Berg, transportierten das Salz mit Körben und Seilen ins Tal und versorgten halb Europa. Der Betrieb im Hochtal über Hallstatt muss also Kontakte in alle Himmelsrichtungen gehabt haben. Trotzdem übernahmen die Hallstätter keine Technologien von woanders. Die „Fabrik“ war also unerhört innovativ und kreativ. Und überraschend klein! Mit Computersimulationen und auf Basis der großen Halle, die von den Knappen durch den Salzabbau ins Bergwerk geschlagen worden war, haben Archäologen errechnet, dass nur 10 bis 20 Leute den Betrieb am Laufen hielten.

Rucksack und Stiege

Viele Fundstücke erzählen vom Leben der Bergleute: Zum Beispiel der älteste Rucksack Europas, der um 600 v. Chr. von den Knappen im Salz zurückgelassen wurde; oder die eingangs erwähnte Holzstiege, deren Fichtenholz 1344 v. Chr. geschlagen worden ist; dazu kommen perfekt konservierte Schuhe und Kappen, Textilien, dicke Seile aus Lindenbaststreifen, Werkzeuge und dunkelbraune, trockene Bemmerln – Hirse, Gerste und Saubohnen nach ihrem Weg durch den Darm der Knappen und vom Salz konserviert. Mehr als 100 Fundstellen haben die Forscher bisher im Bergwerk entdeckt.

1.500 Grabstellen

Der Ort ist so bedeutend, „weil wir hier einen ganz seltenen Einblick in die Lebens-, die Arbeits- und auch in die Totenwelt einer prähistorischen Gemeinschaft erhalten“, sagt Prähistoriker Anton Kern. Seit 1993 arbeitet er

im prähistorischen Gräberfeld, an die 120 neue Gräber hat sein Team ans Tageslicht gebracht. Insgesamt wurden 1.500 Grabstellen analysiert, seit 1846 ein Bergarbeiter das erste Grab entdeckte – eine Forschungstradition begann, die man heute Citizen Science nennen würde. Weil Laien mitgeforscht und mitgegraben haben. Die Funde waren so bedeutend, dass die Epoche von 800 bis 380 v. Chr. bis heute Hallstattkultur genannt wird.