Wissen/Wissenschaft

Auch in Wien: Museen erfassen Fledermäuse für Virenstudien

Ein tierischer Ursprung des Coronavirus SARS-CoV-2 gilt als wahrscheinlich, die genaue Herkunft ist aber noch ein Rätsel. Weil Fledermäuse als bedeutendes Viren-Reservoir gelten, sollen für weiterführende Studien nun Fledermäuse aus den Sammlungen von neun Naturkundemuseen in Europa - darunter das Naturhistorische Museum Wien (NHM) - in einer Datenbank erfasst werden. Im Rahmen des EU-Projekts "Synthesys+" arbeitet das NHM an zwei weiteren Digitalisierungsvorhaben.

200 Coronaviren bei Fledermäusen

Mehr als 200 neue Coronaviren wurden bisher bei Fledermäusen gefunden, und rund 35 Prozent des bisher in Fledermäusen sequenzierten Virenerbguts stammt von Coronaviren, heißt es auf der Website von "Synthesys+" zu dem Projekt "COVID-19 Fledertier-Wissensbasis", an dem neben dem NHM renommierte Naturkundemuseen etwa in Paris, London oder Berlin beteiligt sind. So wurde ein Virus, das dem die jüngste Pandemie verursachenden SARS-CoV-2 am ähnlichsten ist, bei einer häufigen südostasiatischen Hufeisenfledermausart (Rhinolophus affinis) gefunden.

Bei vielen virologischen Studien der vergangenen Monate sei das verwendete Fledermaus-Material nicht in öffentlich zugänglichen Sammlungen hinterlegt worden, "das heißt, man weiß nicht viel über die dabei verwendeten Tiere, etwa ob es sich tatsächlich um die Art gehandelt hat, für die sie gehalten wurde", erklärte Frank Zachos, Leiter der Säugetiersammlung des NHM gegenüber der APA. Deshalb soll nun für weiterführende Studien ein Ist-Zustand an gut kuratierten Sammlungsobjekten von relevanten Fledermausarten aus den großen Museen erhoben werden, "wo wir genau wissen, woher kommen die Exemplare, von wann sind sie, um welche Art handelt es sich, usw.".

Hufeisenartige

In diese Datenbank sollen rund 20.000 Exemplare von zwei Fledermausfamilien der Hufeisennasenartigen (Hipposideridae und Rhinonycteridae) erfasst werden. Dazu zählen auch 1.750 Fledermäuse aus dem NHM Wien.

Das Fledermaus-Projekt ist eines von fünf Digitalisierungsvorhaben, die im Rahmen von "Synthesys+" (Synthesis of Systematic Ressources) gefördert werden. Mit dem EU-Projekt soll eine europäische Infrastruktur für naturwissenschaftliche Sammlungen kreiert und die Digitalisierung von Sammlungsbeständen gefördert werden, um naturwissenschaftliche Forschung zu unterstützen. Neben den Fledermäusen ist die Botanische Abteilung des NHM an zwei Projekten beteiligt: Dabei sollen alle Herbarbelege von Nelken (Gattung Dianthus) sowie Torfmoose aus Grönland digitalisiert und über das Portal "JACQ" veröffentlicht werden.

Sammlungsobjekte digitalisieren

Durch die Finanzierung im Rahmen des EU-Projekts werde es nun möglich, "rund 10.000 Sammlungsobjekte aus dem NHM Wien zu digitalisieren und die Digitalisate in weiterer Folge öffentlich zugänglich zu machen", erklärte NHM-Generaldirektorin Katrin Vohland in einer Aussendung. Dadurch könnten nicht nur der analoge Leihverkehr und Reisen von Forschern zu Sammlungsobjekten minimiert werden. Der größte Vorteil liege darin, dass die digitalen Datensätze und Bilder für Forscher weltweit einsehbar und jederzeit verfügbar sind.

 

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