Wissen/Wissenschaft

Sars-CoV-2: Experten wollen Luft in geschlossenen Räumen überwachen

Mit Sommerende verstärkt sich die Problematik von In-Door-Infektionen mit SARS-CoV-2. Ein Expertenteam um Christian Noe, als Pharmazeut und Chemiker ehemals in federführenden Positionen an den Universitäten in Wien und Frankfurt tätig, arbeitet an einem System für die Raumluftüberwachung.

Bald soll mit der Erprobung von Geräten begonnen werden, hieß es bei einer Pressekonferenz am Freitag in Wien.

"Das Sars-Coronavirus-2 und andere respiratorische Viren vermehren sich im Atemtrakt und werden als Tröpfchen und über Aerosole mit der Atemluft ausgeschieden. Die Virenübertragung durch Aerosole in geschlossenen Räumen stellt einen wesentlichen Infektionsweg dar. Das wird mit der kälteren Jahreszeit immer wichtiger werden, wenn sie die Menschen mehr in Innenräumen aufhalten", sagte Norbert Nowotny, Virologe an der Vetmed Uni Wien, aus Anlass der Pressekonferenz gegenüber der APA.

Der Spezialist für Organische Chemie, Christian Noe, kam schon frühzeitig im Rahmen der Covid-19-Pandemie auf die Idee, dass man in der Kontrolle von Sars-CoV-2 einen Schwerpunkt auch auf die Lufthygiene legen sollte.

"Ich habe schon Mitte März die ersten Überlegungen dazu angestellt. Mit den Arbeiten haben wir dann Anfang April begonnen", sagte Noe.

Luftmesssystem aus Wien wurde zum Patent angemeldet

Die Grundidee: Das rechtzeitige Erkennen von infektionsfördernden Raumbedingungen, das Vermeiden ihres Entstehens und umgehend einsetzende raumklimatisch-technische Maßnahmen zu ihrer Beseitigung könnten Ansätze zur weitgehenden Reduktion der Infektionsgefahr in Gebäuden und Räumen darstellen.

Mit einem Team aus Virologen, Softwareentwicklern und in Kooperation mit der in Wien ansässigen Loytec Electronics GmbH als europäischer Anbieter von komplexen Lösungen für die Automatisierung von Gebäudemanagement entwickelt die Arbeitsgruppe ein Software-basiertes Luftmesssystem.

Als "V-Risk" wurde es bereits über Noes Unternehmen "Produkem Molekulares Design GmbH" bereits zum Patent angemeldet.

"Mehr als 90 Prozent der SARS-CoV-2-Infektionen erfolgen in Innenräumen. Das Virus 'mag' zum Beispiel hohe Luftfeuchtigkeit und niedrige Temperaturen. Das war ja eine Mitursache für die Ausbrüche in der fleischverarbeitenden Industrie. Auf der anderen Seite macht Kälte die Atemwege anfälliger. In das System fließen etwa 50 Parameter ein, welche die Infektionsgefahr in Gebäuden oder Räumen abschätzbar machen. Das soll mit einer Art Ampelsystem gekoppelt werden. Derzeit ist die Software in Entwicklung", sagte Virologe Nowotny.

Software kann in bestehende Klimaanlagen eingebaut werden

Die apparative Technik soll von Loytec kommen. Das System könnte zum Beispiel in bereits bestehende Klimaanlagen von Gebäuden eingebaut werden.

Mit den Auswertungen könnten die Anlagen dann automatisch so gesteuert werden, dass das Raumklima im Bedarfsfall automatisch Virus-unfreundlicher gestaltet wird.

"Man könnte das auch an in die Klimaanlagen eingebaute Systeme zur Virus-Inaktivierung koppeln", erklärte Nowotny. Über die Messung von CO2 könnte sogar bestimmt werden, wie viele Menschen sich in dem Raum aufhalten und notfalls zu mehr Distancing aufgefordert werden.

So soll es weitergehen: Als nächster Schritt werde in den kommenden Tagen mit der Datenerhebung an Orten mit speziellen räumlichen Gegebenheiten wie Schulen, Fleisch verarbeitenden Betrieben, Hotels u.a. begonnen, wobei die Messdaten zentral gesammelt und analysiert würden, hieß es aus Anlass der Pressekonferenz.

Für die Erprobung der Basisversion des "Infektionsrisiko-Warnsystems" wurde als Referenzort die Chemie-HBLVA Rosensteingasse in Wien ausgewählt.

Im Herbst sollen dann die ersten Messgeräte mit Datenerfassung und gegebenenfalls Anbindung an die Raumklima-Technik angeboten werden.

Es soll auch eine Variante für private Nutzer entstehen. So werden parallel zu den Raumklima-Systemen Miniaturgeräte für den individuellen Gebrauch entwickelt, in die auch persönliche risikorelevante Daten über den eigenen Gesundheitszustand eingespeist werden können.

Diese sollen dann per Handy-App betrieben werden können. Virologe Nowotny: "Das ganze soll nicht nur gegen SARS-CoV-2 helfen, sondern auch das Infektionsrisiko mit anderen Viren, zum Beispiel dem Influenzavirus, reduzieren."