Whoopi Goldberg: Cannabis für Frauen
Ganjapreneur – so nennen sich Menschen, die in der „Cannabis-Industrie“ Fuß fassen wollen und mit Hanf ihr Business machen. Davon gibt es immer mehr, schließlich gilt medizinisches Cannabis als der neue „heiße Scheiß“, wenn es darum geht, diversen Beschwerden auf sanfte Art zu begegnen. Bekannteste Protagonisten in diesem Geschäft, sind – wenig erstaunlich – die Familie von Bob Marley mit ihrer „Marley-Natural“ sowie der Rapper Snoop Dogg, der vor Kurzem die „Leafs by Snoop“-Produkte gelauncht hat.
In einem Interview mit „Vanity Fair“ erzählte die Schauspielerin – sie selbst schwört auf Pot gegen Kopfweh – dass sie eine Tochter und zwei Enkelinnen hätte, die an schweren Regelkrämpfen leiden, medizinisches Cannabis sei eine Lösung, für die sie sich seit Jahren aktiv ausspricht. Die „Whoopi & Maya Medical Cannabis Menstural“-Linie soll leidenden Frauen nun helfen. High wird man davon nicht, dazu ist die Dosis zu gering.
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Jeder Krieg hat ein Ende. Auch dieser: Der von Richard Nixon im Jahr 1971 deklarierte "War on Drugs" gilt als gescheitert. Sukzessive wird die Drogenpolitik in den Vereinigten Staaten liberaler – vor allem bei Cannabis. Die Mehrheit der Bevölkerung befürwortet laut Umfragen das Ende der Prohibition. Sogar die renommierte Tageszeitung New York Times empfahl einen regulierten Markt. Ein Paradigmenwechsel, dem immer mehr folgen.
In einigen US-Bundesstaaten, wie etwa Colorado oder Washington, ist kiffen – man spricht von "rekreativem Verbrauch" – legal. Alaska und Oregon sollen Anfang 2016 mit einem regulierten Markt folgen. In anderen Bundesstaaten wurde Cannabis für den medizinischen Gebrauch freigegeben.
Was vor einigen Jahren noch absurd schien, ist heute Realität: Das legale Business mit Dope boomt und lässt neue Geschäftsmodelle entstehen. Smarte Manager treffen einander bei "International Cannabis Business"-Konferenzen. Peter Thiel, Facebook-Mitbegründer, investiert mittlerweile ins Hanfgeschäft. Erste Produkte sind auf dem Markt – etwa "Marley Natural": "Cannabis der Extraklasse", benannt nach dem Reggaesänger Bob Marley. Von ihm stammt der Satz "Gras ist das Heilmittel der Nation".
Land der Kiffer
Ein Slogan, der perfekt in die Verfassung Uruguays passen würde. Es ist das erste Land der Welt, in dem Cannabis vollständig legalisiert ist. Seit der Freigabe 2013 poppen landesweit Grow Shops auf, wo die Konsumenten Pipes, Hanf-Pflänzchen und Erde kaufen wie unsereins Oregano, Basilikum und Gartenschauferl.
Der Markt ist dennoch streng geregelt: Wer nicht kaufen möchte, kann selbst anbauen (max. sechs Hanfpflanzen), alle Akteure und Konsumenten sind registriert, fertiges Dope wird in Apotheken bei monatlichen Bezugsgrenzen verkauft.
Wussten Sie, dass...
In Europa wird der Umgang mit Cannabis zunehmend locker gehandhabt. Wie in Spanien – wo regionale Behörden an einer Regulierung sogenannter "Cannabis Social Clubs" arbeiten. Eine Bewegung, die sich für den Selbstanbau zum Eigenverbrauch im Rahmen von Gruppen Erwachsener einsetzt. Die Niederlande gelten mit ihren traditionellen Coffee Shops sowieso als – oft umstrittene – Vorreiter. In Tschechien oder Portugal ist die Drogenpolitik ebenfalls liberal. Aber auch in Deutschland gibt es nun erste Bestrebungen – etwa in Hamburg, wo ein Modellversuch zur kontrollierten Abgabe von Cannabis starten soll.
Recht auf Rausch?
Ähnliches passiert in Berlin-Kreuzberg, dort könnte es schon bald legale Coffee Shops geben. Andere Städte wollen nachziehen. Erst unlängst argumentierte der deutsche Strafrechtler Lorenz Böllinger die Legalisierung in einem Spiegel-Interview mit dem "Recht auf Rausch". Cannabis sei Realität, es würde von Millionen konsumiert.
Weitere Pro-Argumente: Cannabiskonsumenten seien weniger gefährdet, wenn sie in staatlich regulierten "Shops" kaufen würden statt auf dem unkontrollierbaren Schwarzmarkt. Cannabis sei eine jahrtausendealte Kulturpflanze mit geringem Suchtpotenzial. Kiffen hätte noch niemanden umgebracht – ein Alkoholrausch schon. Letztes Argument bestätigt Gabriele Fischer von der Uniklinik für Psychiatrie & Psychotherapie an der MedUni Wien: "Cannabis ist keine Einstiegsdroge – dies ist Nikotin, das das höchste Suchtpotenzial aller Substanzen hat. Im Rahmen des rekreativen Verbrauchs ist Cannabis deutlich ungefährlicher als zum Beispiel Alkohol oder andere Substanzen. Es ist allerdings immer eine Frage der Intensität und der Frequenz."
In Österreich kann von einer Legalisierung dennoch keine Rede sein. Nur für medizinische Zwecke ist der Einsatz von (teil)synthetischem Cannabis, nach ärztlicher Verordnung, erlaubt. In Form von Medikamenten, die außerhalb des Landes von einer Pharma-Firma hergestellt werden. Aus Hanfpflanzen, die in Österreich unter strenger Aufsicht der staatlichen AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit) gezüchtet und exportiert werden.
Im Rahmen der Novelle der Suchtgiftverordnung ist geplant, dass künftig direkt aus der Cannabispflanze gewonnenes THC (Tetrahydrocannabinol, der Wirkstoff der Cannabispflanze) verschrieben werden darf. Vorausgesetzt, es existiert eine entsprechende Indikation, wie etwa Multiple Sklerose oder Krebs.
Beim rekreativen Konsum bleibt man hingegen rigoros: "Aus gesundheitspolitischer Sicht sind wir gegen die Legalisierung von Cannabis, weil es ein Suchtmittel ist", heißt es im Gesundheitsministerium.
Bevor in Österreich eine breite Freigabe überhaupt angedacht werden kann, bräuchte es laut Gabriela Fischer entsprechende Voraussetzungen: "Österreich ist das einzige EU-Land, das keinen nationalen Suchtplan hat. Er wäre aber nötig, um Betroffenen und Angehörigen professionelle Hilfe anbieten zu können." Sinnvoll wäre aus ihrer Sicht, die Grenzmengen hinaufzusetzen, damit die Kriminalisierung hintangehalten wird. "Dies schützt junge Erwachsene und erspart dem Staat und der Gesellschaft viel Geld."
Drogenpolitik
Ein zentrales Argument der Legalisierungsgegner zum rekreativen Konsum gilt der heimischen Drogenpolitik, die sich von anderen Ländern massiv unterscheidet. In jenen Ländern, in denen rein repressiv gegen Cannabiskonsumenten vorgegangen wird, beispielsweise in den USA, wo im Zuge des "War on Drugs" Haftstrafen für Cannabiskonsumenten verhängt wurden, ist die Legalisierung als wichtiger Schritt zu betrachten und insofern begrüßenswert.
In Österreich gilt das Prinzip "Therapie statt Strafe" und demzufolge liegen völlig andere Voraussetzungen vor. Cannabis-Konsumenten sind hier nur theoretisch vom Gefängnis bedroht. "In der Praxis wird die Verfolgung durch die Justizbehörde durch eine gesundheitsbezogene Maßnahme ersetzt", sagt Hans Haltmayer, Beauftragter für Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien und Ärztlicher Leiter der Suchthilfe.
Aus seiner Sicht sei anstelle der Freigabe die verstärkte Prävention und konsequente Entkriminalisierung der Konsumenten zu präferieren – Motto: "Die Sucht bekämpfen, aber nicht die Süchtigen." Laut Bericht zur Suchtmittel-Kriminalität 2013 kommt es in Österreich trotzdem täglich zu 60 Anzeigen in der Causa Cannabiskraut/Haschisch.
Legalisierungsbefürworter sehen das deshalb ein wenig anders. Zwar soll im Rahmen der Strafrechtsreform noch vordergründiger auf das Prinzip "Therapie statt Strafe" gesetzt und bei Kleinstmengen zum Eigengebrauch auf Strafanzeige verzichtet werden, doch die Konsumenten würden trotzdem stigmatisiert. Wer erwischt wird, muss zum Amtsarzt, wird also den Gesundheitsbehörden weitergereicht. Wer sich nicht an die Auflagen hält, wird angezeigt. Die Vorurteile bleiben.
Was auch Gabriela Hütter von der Steirischen Gesellschaft für Suchtfragen anmerkt: "Die Illegalisierung bestimmter Substanzen bewirkt eine Tabuisierung, fördert Vorurteile und damit Fehlinformationen bis hin zur Uninformiertheit.
Drogen – ob legal oder illegal – sind und waren immer Teil der gesellschaftlichen Realität." Der Expertin sei eine evidenzbasierte Drogenpolitik wichtig, das Festhalten an antiquierten, ideologischen Positionen lehnt sie ab: "Die Regulierung von Cannabis wäre notwendig und sinnvoll, weil sie nicht gleichzeitig die totale Legalisierung bedeutet."
Initiative für Freigabe
Toni Straka vom Österreichischen Hanfinstitut kritisiert, dass der Gesetzesentwurf Cannabis mit tödlichen Drogen wie Heroin oder Methamphetamin gleichsetzt würde: Seine parlamentarische Bürgerinitiative zur Herausnahme von Cannabis aus dem österreichischen Suchtmittelgesetz haben rund 32.500 Menschen unterschrieben. Der 50-Jährige wertet das als Erfolg. Er setzt sich vor allem für Hanf als Arznei ein: "Aber der Eigenanbau ist um ein Vielfaches kostengünstiger."
Propaganda dafür macht er mit Info-Ständen in Wien: "Der Zulauf ist rege, die Reaktionen sind positiv. Am meisten hat mich gefreut, als eine Ordensschwester unlängst mit einer Pflanze und einem Prospekt weggegangen ist."