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WHO: Internetsucht wird als Krankheit anerkannt

Im Extremfall verlassen sie den Computer nicht einmal zum Essen oder für die Toilette – die besorgten Eltern bringen ihnen Essen ins Zimmer und räumen alles weg. Suchtexperten warnen schon länger, dass Internet- und Computerspielsüchtige immer öfter in Kliniken behandelt werden müssen.

Jetzt erkennt auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Problem in der neuen Liste zur Klassifikation von Krankheiten (ICD) an, die kommenden Sommer herausgegeben wird. In der Kategorie "Störungen auf Basis suchtartigen Verhaltens" ist der Eintrag 6D11 ("Gaming Disorder", also Videospielsucht) geplant, berichtet BBC. In dieser Kategorie findet sich auch die Sucht nach Glücksspielen, bei denen etwa im Casino vor allem um Geld gespielt wird.

Die Zahl der Betroffenen kann von Experten nur geschätzt werden – die jüngste österreichische Studie dazu gab es 2013. Damals galten vier Prozent der 15- bis 18-Jährigen als internetsüchtig, sechs Prozent als gefährdet. Doch seither sind Internet-Verbindungen immer schneller geworden und die Smartphone- und Internet-Nutzer immer jünger. Wenn vier Prozent der Zehn- bis 19-Jährigen süchtig sind, betrifft das heute mehr als 30.000 Jugendliche in Österreich.

Etwa 150 davon werden jedes Jahr in der Linzer Spielsuchtambulanz behandelt (spielsuchtambulanz.at) – Tendenz steigend. Für den Psychiater Kurosch Yazdi ist der neue ICD-Eintrag ein Fortschritt, weil das Gesundheitssystem damit gezwungen wäre, etwas zu tun. Bei der letzten Klassifizierung 1992 gab es noch kein Internet, folglich ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt, ob die Behandlungskosten gedeckt werden.

Regeln vereinbaren

Yazdi betont, dass vor allem Online-Spieler betroffen sind – Spiele wie "League of Legends" oder "World of Warcraft" hätten eine Gruppendynamik, bei der Spieler das Gefühl haben, die anderen nicht im Stich lassen zu dürfen oder sonst etwas zu verpassen. Pauschale Empfehlungen, wie lange gespielt werden darf, gibt es aber nicht. "Bei manchen Spielen ist eine halbe Stunde am Tag sinnlos. Eltern müssen sich mit den Spielen auseinandersetzen und mit den Kindern gemeinsam sinnvolle Regeln vereinbaren", rät der Psychiater. Die Suchtgefahr sei letztendlich weniger eine Frage der Stundenanzahl, sondern eher eine Frage der Vielfältigkeit im restlichen Alltag. "Wenn es andere Hobbys gibt, Schule und Freunde nicht vernachlässigt werden, ist es kein Problem, wenn einmal an einem verregneten Sonntag durchgespielt wird."

Videospiele sind somit nicht per se zu verteufeln – Studien haben etwa gezeigt, dass die Beschäftigung in Maßen die Hand-Auge-Koordination verbessern und zu steigenden Leistungen in der Schule führen kann.

Warnsignale

Von einer Sucht sprechen Experten, wenn mehrere dieser Punkte zutreffen:

Ständiges Verlangen online zu sein, zu spielen oder sich zumindest mit dem Computer zu beschäftigen.

Kontrollverlust – wenn etwa Versuche, das Spiel zu reduzieren oder zu unterbrechen, erfolglos sind, obwohl das Bewusstsein für das Problem besteht.

Dazu gehört auch die ständige Steigerung der Dauer.

Gereiztes, nervöses Verhalten bis hin zu Entzugserscheinungen bei Pausen.

Sowie Vernachlässigung des sozialen Umfelds, Freunde, Schule, Arbeit.

In anderen Ländern versucht man das Problem mit härteren Methoden in den Griff zu bekommen: In Korea sind Online-Spiele für Kinder unter 16 Jahren zwischen Mitternacht und 6 Uhr früh verboten, berichtet die BBC. Manche Spiele blenden nach einer gewissen Zeit einen Warnhinweis ein und fordern den Spieler auf, eine Pause einzulegen. Etwa zum Essen und für die Toilette.

Beratungsstellen für Jugendliche und Eltern

Hier finden Betroffene und Angehörige Unterstützung:

Helpline des Berufsverbands österr. Psychologen: 01/504 8000, kostenlos, Mo. bis Do. 9–13 Uhr, www.boep.at

Rat auf Draht: 147 (ohne Vorwahl), kostenlos und rund um die Uhr, www.rataufdraht.at

ökids (Österr. Gesellschaft für Kinder- und Jugendlichen- psychotherapie): www.oekids.at, Hotline: 01/958 12 40

Saferinternet: Häufig gestellte Fragen und Antworten sowie weitere Adressen von Informationsstellen. www.saferinternet.at