Wissen/Gesundheit/Gesund

Wechseljahre: Hormonersatz – ja oder nein?

Die Frage zum Einsatz von Hormonen in den Wechseljahren wird seit Jahren kontroversiell diskutiert. Den Jubelmeldungen, die Hormone als Jungbrunnen anpriesen, folgten vor etwa zehn Jahren Negativ-Schlagzeilen. Hormone kamen in Verruf: Zu hoch seien die Risiken für Brustkrebs und Schlaganfall. Inzwischen gibt es Mediziner, die Frauen von Hormonen abraten und empfehlen, Wechselbeschwerden wie Wallungen und Schlafstörungen „durchzubeißen“ und andere, die Hormone mit Maß und Ziel einsetzen.

Anlässlich des Menopausekongresses, der ab Donnerstag in Wien stattfindet, spricht der Hormonexperte Univ.-Prof. Johannes Huber von einer Renaissance der modernen Hormontherapie. „Es war ein Fehler der Vergangenheit, dass Hormone jeder Frau gegeben wurden. Aber man hat das Kind mit dem Bad ausgeschüttet.“

Eine aktuelle Studie der „Women’s Health Initiative“ (WHI) über 12 Jahre belege, dass „Östrogen nicht den Brustkrebs macht – im Gegenteil, es schützt sogar davor“. Jene Frauen (nach einer Gebärmutterentfernung, Anm.), die nur Östrogen erhielten, hatten weniger Brustkrebs als die Placebo-Gruppe. Problematisch sei hingegen der Einsatz von künstlichen Gelbkörperhormonen (Gestagen) gewesen – hier sei das Risiko für Brustkrebs gestiegen.

Alle Inhalte anzeigen

Antidepressiva

Huber: „Der Medikamentenverbrauch mit Blutdruckmitteln, Cholesterinsenkern und Antidepressiva schnellt bei Frauen ab 50 enorm hoch. Die Daten zeigen, den Frauen geht es in der Mitte des Lebens nicht gut. Und das, obwohl in dieser Zeit für viele die Doppelbelastung wegfällt.“ Niedrig dosiertes, natürliches Östrogen würde bei Frauen, die unter Beschwerden leiden, bessere Lebensqualität ermöglichen.

Dass für eine Hormongabe Beschwerden vorausgesetzt werden, betont auch der Gynäkologe Christian Matthai. „Es ist lange nicht mehr so, dass jeder Frau im Wechsel Hormone verabreicht werden. Etwa ein Drittel hat massive Beschwerden, ein Drittel milde und der Rest hat gar keine Symptome.“ Matthai setzt darauf, Frauen alle Möglichkeiten anzubieten und sie bedarfsgerecht anzuwenden.

Wichtig sei, sich rechtzeitig Beratung zu holen. „Je früher man sich damit auseinandersetzt, desto mehr Möglichkeiten hat man, auf die Beschwerden einzuwirken.“ So lasse sich schon über den Lebensstil viel verbessern: Frauen, die ausreichend Bewegung machen, ein gutes Stressmanagement haben und sich ausgewogen ernähren, würden viel seltener unter Beschwerden leiden. „Neue Studien zeigen: eine cholesterinbewusste Ernährung besonders in Bezug auf die Reduktion des Brustkrebsrisikos ist wichtig.“

Pflanzliche Hormone

Wer dennoch unter Beschwerden leidet, kann mit pflanzlichen Hormonen nachhelfen. Matthai: „Die funktionieren in der frühen Phase gut, wenn die Eierstöcke noch eine Restfunktion haben. Hier wirken etwa Isoflavone wie Rotklee oder Soja.“ Huber ergänzt die lange Liste der Möglichkeiten: „Passionsfrucht kann den Schlaf verbessern, Johanniskraut hilft gegen Unruhe, Cranberry bei Blasenproblemen.“

Wenn all das nichts bringe, sei es sinnvoll nachzusehen, welche Hormone der Betroffenen fehlen. Wichtig sei laut Matthai, keine synthetischen Hormone zu verabreichen, sondern nur in natürlicher Form. „Und das über die Haut – vorzugsweise als Pflaster oder Gel.“ Nicht zuletzt solle man auch die männlichen Hormone im Auge behalten, deren Abfall vor allem mit einem Verlust der Libido einhergehen.

Letztlich komme es bei der Entscheidung für oder gegen Hormone nur auf den Leidensdruck an, sagt Matthai. „Ich bin kein Verherrlicher von Hormonen, aber ich sehe oft das Leid von Frauen. Und es gibt keinen Grund, Angst vor Hormonen zu haben. Die individuelle Dosisanpassung ist das A und O. Wir geben so wenig Hormone wie möglich, aber so viele wie nötig.“

Begriff Die Menopause steht für das Ende der Fruchtbarkeit der Frau. Der Begriff bezeichnet den Tag, an dem die letzte von den Eierstöcken geregelte Blutung ein Jahr zurückliegt. Danach spricht man von der Post-Menopause. Die Zeit, in der man nicht weiß, ob noch eine Monatsblutung eintritt oder nicht, ist die Peri-Menopause. Diese dauert bei manchen einige Monate, bei anderen mehrere Jahre.

Mögliche Folgen Ein Hormonmangel kann Folgen wie Kopfschmerzen, vaginale Beschwerden, Haarausfall, Hitzewallungen, Libidoverlust und ähnliches nach sich ziehen. Die Hormontherapie wurde lange dafür kritisiert, das Risiko für Brustkrebs, Herzinfarkt und Schlaganfall zu erhöhen. Unter einer individuell abgestimmten, bioidentischen Therapie soll dieses Risiko jedoch nicht erhöht sein.

  • 51 Jahre ist das Durchschnittsalter, in dem österreichische Frauen in die Menopause kommen.
  • Gewöhnlich tritt sie zwischen dem 45. und 55. Lebensjahr ein.
  • 69 Prozent der Psychopharmaka, die Frauen verschrieben werden, werden ab dem 55. Lebensjahr benötigt.
  • 15–20 Prozent der Frauen in Österreich behandeln ihre Wechselbeschwerden mit einer Hormonersatztherapie.