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Was Sie jetzt über Hodenkrebs wissen sollten

Die Hodenkrebs-Erkrankung des Radprofis Ivan Basso, 37, hat viele schockiert - und die Erinnerungen an die gleiche Erkrankung von Lance Armstrong im Jahr 1996 geweckt. Nur eineinhalb Jahre nach der Diagnose führ Armstrong bereits wieder ein Rennen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu der Erkrankung, von der vor allem junge Männer betroffen sind.

Wie häufig ist Hodenkrebs?

Das Hodenkarzinom ist bei Männern zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr der häufigste bösartige Tumor. Etwa sieben von 100.000 Männern sind pro Jahr betroffen. Seltener können jedoch auch jüngere oder ältere Menschen erkranken.

Bei 95 Prozent der betroffenen Männer tritt Hodenkrebs nur an einem Hoden auf. Hodenkrebs ist die Krebsart mit der höchsten Fünf-Jahres-Überlebensrate: Knapp 90 Prozent der (behandelten) Patienten leben fünf Jahre nach der Diagnose noch. Weltweit ist eine zunehmende Häufigkeit an Neuerkrankungen zu verzeichnen. Die Ursachen hierfür sind unklar.

Welche Risikofaktoren gibt es?

Ein höheres Erkrankungsrisiko haben Männer, welche in Ihrer Kindheit an einem Hodenhochstand (Leistenhoden) litten. Auch bei einer späteren operativen Korrektur bleibt das Erkrankungsrisiko bei diesen Patienten erhöht. Gesicherte Risikofaktoren sind weiterhin eine Hodentumorerkrankung eines Bruders (genetische Disposition), eine Hodentumor des Gegenhodens, das Vorhandensein von Krebsvorläuferzellen im Hoden und eine Fruchtbarkeitsstörung. Unter den Patienten, welche aufgrund eines ungewollten Kinderwunsches einen Urologen aufsuchen, liegt die Häufigkeit einer Hodenkrebserkrankung bei 1:200. Eine europäische Studie erhärtete den Verdacht, dass hormonell wirksame Chemikalien die Entwicklung der männlichen Geschlechtsorgane schädigen und möglicherweise auch zu Hodenkrebs beitragen können - aber hier ist noch weitere Forschung notwendig. Ob es einen Zusammenhang von Hodenkrebs und der Einnahme von Dopingmitteln gibt, ist ebenfalls nicht geklärt.

Was muss man bei Hodenhochstand eines Babys tun?

Ein sogenannter Hodenhochstand muss so früh wie möglich behandelt werden. Denn sonst droht nicht nur eine Einschränkung der Zeugungsfähigkeit, sondern es verdoppelt sich zudem das Risiko für Hodenkrebs, wie der Sprecher des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte, Ulrich Fegeler, warnt. Bei der Erkrankung liegt der Hoden nicht im Hodensack, sondern im Leistenkanal oder noch im Bauchraum. „Heute gilt die Empfehlung, dass die Therapie vor Ende des ersten Lebensjahres abgeschlossen sein sollte“, sagt Fegeler. Denn ein nicht in den Hodensack abgestiegener Hoden zeige schon innerhalb der ersten sechs bis zwölf Lebensmonate wegen der hohen Körpertemperatur Schäden.

In rund sieben Prozent der Fälle wandere der Hoden zwar von alleine nach unten, doch in der Regel sei ab dem sechsten Lebensmonat keine selbstständige Änderung mehr zu erwarten. Insgesamt haben drei Prozent aller neugeborenen Buben einen Hodenhochstand, der meist nicht mit Schmerzen verbunden ist. Von der Fehlstellung sind Frühgeborene etwa zehnmal häufiger betroffen als andere Kinder. In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Betroffenen zugenommen.

Als auslösende Faktoren stehen unter anderem hormonähnliche Umweltschadstoffe, Rauchen während der Schwangerschaft und Hormonbehandlungen der Mutter im Verdacht. Behandelt wird der Hochstand zunächst mit Hormonen. Bei jedem siebenten Patienten ist zusätzlich eine kleine Operation erforderlich.

Welche Möglichkeiten der Früherkennung gibt es?

Urologen empfehlen eine regelmäßige Selbstuntersuchung (Abtasten beider Hoden) durch den Patienten selbst. Sollten Begleitfaktoren bestehen, welche das Erkrankungsrisiko erhöhen (siehe oben), kann eine jährliche Kontrolle beim niedergelassenen Urologen mit Ultraschalluntersuchung der Hoden erfolgen, um eine Hodenkrebserkrankung auch in einem frühen Stadium zu entdecken. Ein generelles Programm zur Hodenkrebsfrüherkennung, wie z.B. das Mammographie-Screening bei Brustkrebs, gibt es nicht.

Welche sind die ersten Symptome?

Häufig fällt eine Hodenkrebserkrankung dem betroffenen Patienten selbst durch eine schmerzlose Verhärtung und/oder Schwellung des betroffenen Hodens auf. Schmerzen im erkrankten Hoden können auftreten, müssen aber nicht mit einer bösartigen Erkrankung zusammenhängen. Nicht selten werden Befunde von Patienten verdrängt oder mit einer Bagatellverletzung („Hoden von Fußball getroffen“) erklärt. So kann wichtige Zeit bis zur Diagnosestellung und Therapieeinleitung verstreichen.

Ein veränderter Tastbefund des Hodens, besonders bei den erwähnten schmerzlosen Verhärtungen, sollte immer Anlass sein einen Urologen aufzusuchen. Dieser kann mit einer körperlichen Untersuchung und einer Ultraschalldiagnostik einen auffälligen Befund fachgerecht beurteilen. Insbesondere kann hier ein möglicher Hodentumor von gutartigen Veränderungen abgegrenzt werden.

Bei einem Verdacht auf einen Hodentumor wird Blut zur Bestimmung der sog. Hodentumormarker abgenommen. Es handelt sich hierbei um im Blut zirkulierende Proteine und Enzyme, welche bei einer Hodenkrebserkrankung vermehrt auftreten können. Diese Laborwerte sind aber nicht spezifisch. Das heißt, dass eine Erhöhung nicht zwangsläufig durch eine Hodenkrebserkrankung bedingt ist.

Teilweise werden Hodenkrebserkrankungen auch im Rahmen einer Routinediagnostik wie z.B. Ultraschalluntersuchungen der Hoden bei Fruchtbarkeitsstörungen entdeckt ohne tastbar zu sein. Gelegentlich kann eine aufgrund von anderen Beschwerden durchgeführte Diagnostik zum Befund von unklaren Lymphknotenschwellungen im Bauchraum oder Lungenmetastasen unklarer Herkunft führen. Bei jungen Männern sollte bei derartigen Befunden die körperliche Untersuchung die Hoden immer mit einschließen, um einen evtl. ursächlichen Hodentumor nicht zu übersehen.

Wie sollte die Tastuntersuchung durchgeführt werden?

Am besten ist es, in regelmäßigen Abständen in entspannter Stellung (z.B. unter der Dusche oder in der Badewanne) beide Hoden vorsichtig abzutasten. Im Anfangsstadium sind folgende Beschwerden typisch:
- eine Schwellung oder ein Knoten im Hoden (kann schmerzlos oder auch schmerzhaft sein)
- ein "Schweregefühl" oder ein "Ziehen" im Hoden
- ein "Schweregefühl" oder ein "Ziehen" in der Leiste

Kann man Hodengewebe ersetzen?

Sollte der Befund sicher bösartig sein, so wird der betroffenen Hoden mit dem Samenstrang der betroffenen Seite entfernt. Aus dem verbliebenen Hoden der Gegenseite wird in gleicher Operation über einen kleinen Schnitt am Hodensack ebenfalls Hodengewebe entnommen. Dies ist nötig, da bei Hodenkrebspatienten teilweise Krebsvorläuferformen im noch gesunden Hoden der Gegenseite gefunden werden können. Zur Therapieplanung und Nachsorge ist die Kenntnis ob bei einem betroffenen Patienten diese Vorläuferformen vorhanden sind wichtig.
Grundsätzlich besteht während der Operation die Möglichkeit einer Hodenprothesenimplantation in das nun leere Fach des Hodensackes. Es handelt sich hierbei um ein Silikonkissen, was in der Größe dem gesunden Hoden angepasst wird. Diese Prothese erfüllt ausschließlich einen kosmetischen Zweck. Funktionen des Hoden, wie Hormonproduktion oder Spermienproduktion, kann sie natürlich nicht übernehmen.

Welche Funktion hat der Hoden?

Im Wesentlichen werden durch einen gesunden Hoden zwei wichtige Funktionen erfüllt. Zum einen ist dies die Produktion von männlichen Hormonen (Testosteron), und zum anderen die Produktion von Spermien. Normalerweise reicht ein gesunder Hoden aus um beide Funktionen in ausreichender Form zu erfüllen. Im Rahmen der Nachsorgeuntersuchungen sollten jedoch regelmäßig die Testosteronwerte kontrolliert werden um einen möglichen Testosteronmangel frühzeitig zu erkennen. Sollten im Rahmen der Therapie beide Hoden entfernt werden müssen, oder die Funktion des verbliebenen Hodens nicht ausreichen genügend männliche Hormone zu bilden, ist die medikamentöse Testosteronzufuhr über die Anwendung von Gelpräparaten oder Depotspritzen möglich.

Kann man Spermien vorsichtshalber einfrieren?

Da meistens jüngere Männer mit noch nicht abgeschlossener Familienplanung von einer Hodenkrebserkrankung betroffen sind, sollte die Möglichkeit einer Kryokonservierung angesprochen werden. Hierbei handelt es sich um das Einfrieren von Spermien welche vom Patienten selbst mittels Masturbation gewonnen werden. Diese Spermien können im Gefrierdepot zeitlich unbegrenzt gelagert werden und später für eine Kinderwunschbehandlung verwendet werden, sofern die Ejakulatqualität sich durch die Therapie des Hodenkrebses dauerhaft verschlechtert haben sollte. Eine Kryokonservierung kann bereits vor der operativen Entfernung des tumortragenden Hoden, spätestens jedoch vor einer möglicherweise notwendigen Stahlen- oder Chemotherapie erfolgen.

Die Wahrscheinlichkeit einer dauerhaften Einschränkung der Fruchtbarkeit ist sehr von Umfang und Art der Hodentumortherapie abhängig.

Wo Sie weitere Informationen finden:

www.urologenportel.de

www.hodenkrebs.de

www.uro.at

www.urologisch.at