Was Männer über Sex denken
Von Axel Halbhuber
Wer im neuen Buch "Lustbekenntnisse – Männer sprechen über Sex" zwischen Klischees und Überraschungen schmökert, fragt sich: Kann man noch von den Frauen und denMännern sprechen? Autorin Nicola Burfeindt, 47, hat eine Antwort: "Im emotionalen Bereich nicht mehr. Nur bei sehr oberflächennahen Dingen – Dekolleté, Einschlafen nach Sex – ist es oft erschreckend schlicht."
Nachdem Burfeindt und ihre Co-Autorin Jutta Lang, 49, in "Lippenbekenntnisse" mit Frauen über Sex sprachen, waren Männer die logische Konsequenz. Der KURIER-Redakteur wollte wissen, welche Unterschiede die Gespräche hervorbrachten und wie die beiden die besten Stellen des Buches kommentieren.
KURIER: Gleich im Vorwort erwähnen Sie den Orgasmusneid von Männern.
Nicola Burfeindt: Männer beneiden die manchmal minutenlangen Wellen, den trancehaften Zustand. Andererseits beneiden Frauen, dass Männer fast immer einen Orgasmus haben.
Sollen solche Mysterien nicht unbeleuchtet bleiben?
Burfeindt: Die tröstliche Erkenntnis für mich ist, dass Sex eigentlich banal ist. In Medien, Literatur oder Film wird Sex so hochgehängt, als etwas Übernatürliches gezeigt. Wenn man sieht, wie einfach Sex für Menschen ist, ist das sehr schön. Ich zweifle mittlerweile, ob es dieses dunkle Geheimnis gibt.
Jutta Lang: Es braucht das letzte Geheimnis. Aber mehr Wissen ist immer ein Gewinn .
Welche Unterschiede haben Sie bei Ihren Gesprächen mit Männern und Frauen denn erkannt?
Burfeindt: Frauen haben sich besser dargestellt, mit weniger Pannen. Männer waren überraschend ehrlich und haben sich oft unvorteilhaft präsentiert. Sie sind Fragen weniger ausgewichen. Gemeinsam war, dass beide Geschlechter ein großes Problem mit Monogamie haben, alle halten sie für ein Klischee. Für ein kulturelles Konstrukt.
Über Penetration sagt Paartherapeut Jakob Olrik im Buch: "Beim Kuss muss die Frau der aktivere Part sein. Sie penetriert ihn mit dem Mund, er penetriert sie mit dem Rest."
Burfeindt: Für Frauen ist Sex eine andere Form der Intimität. Frauen würden "Penetration verändert alles" unterschreiben.
Lang: Viele Männer sagten, sie würden gerne mal tauschen, der Empfangende sein. Da sind wir wieder beim Erfassungsneid, siehe Orgasmus.
Der Journalist Roman Koidl meint: "Frauen finden es genauso spannend, jemanden in einer Bar aufzureißen und eine tolle Nacht mit ihm zu verbringen."
Burfeindt: Er sagt das, aber es hat mich überrascht, wie viele Männer es noch immer als unsexy sehen, wenn eine Frau gleich mit ihnen ins Bett will. Ich habe gehofft, das ist mittlerweile ein alter Hut. Ich denke, es gibt viele Frauen, die schnellen Sex haben wollen. Da brauche ich doch nicht drei Wochen zu warten.
Koidl weiter: "Männer sind Jäger. Jäger finden es scheiße, wenn das Reh tot vor der Tür liegt und sich selbst anbietet."
Burfeindt: Wir zitieren am Anfang des Buches den Satz "Frauen sind die einzige Beute, die ihrem Jäger auflauert."
Journalist Tillmann Remberger meint zum Thema Bettgeräusche: "Wenn eine Frau schreit, ist es toll. Bei einem Mann ist es würdelos."
Burfeindt: Frauen finden Männer mit walähnlichen Gesängen wirklich schrecklich.
Lang: Schreit die Frau, denkt der Mann: Das hast du mir zu verdanken. Frauen sehen das nicht so.
Zu besser werdendem Sex meint Autor Oliver Stöwing: "An guten Teenagersex erinnert sich kaum jemand."
Burfeindt: Männer wollen bis 40 am liebsten mit Frauen schlafen. Wenn sie älter sind, suchen sie oft auch nur eine gute Gesprächspartnerin. Bei Frauen ist es andersrum. Sie bestätigen mit Sex lange Zeit nur den Mann. Danach sind sie eins mit ihrem Körper. Das erklärt, dass sie sich jüngere Liebhaber nehmen.
Lang: Aber für beide gilt, Sex ist ein Lernfach. Er wird besser.
Wer will nun mehr Sex?
Burfeindt: Männer wollen quantitativ mehr Sex. Frauen wollen, wenn sie guten Sex gefunden haben, in die Tiefe gehen. Das überfordert Männer gelegentlich. Frauen stehen auf erfüllenden Sex, bei dem sie Nähe erleben.
Info: Die 2-teilige SPIEGEL-TV-Doku zum Buch wird am 14. und 21. Juli ab 22 Uhr auf VOX ausgestrahlt.