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Wie Zucker Krebszellen beeinflusst

Krebszellen lieben Zucker – wer eine Krebstherapie durchmacht, bekommt daher oft den Rat, auf Zucker zu verzichten, um den Krebs quasi auszuhungern. „Aber so einfach ist es nicht“, erklärt Walter Berger vom Institut für Krebsforschung an der MedUni Wien. „Wir wissen zum Beispiel, dass es auch gewisse Insuline gibt, die die Entstehung von Tumoren fördern. Krebszellen stellen den Stoffwechsel um, damit sie wachsen können.“

Zwar mögen sie es nicht, wenn sie keinen Zucker bekommen, sie „können aber in einen Ruhezustand gehen bis bessere Zeiten kommen“. Und genau das sei das Gefährliche daran, wenn Patienten versuchen, mit Fasten den Tumor auszuhungern, warnt Berger: „Der Tumor hat den längeren Atem und ist sehr anpassungsfähig. Ein paar Zellen bleiben immer und schlagen zurück, sobald wieder bessere Zeiten anbrechen.“ Eine generelle Aussage, wenig Zucker zu sich zu nehmen, könne man also nicht treffen.

Neue Studie

Ein Forscherteam von der Duke-NUS Medical School in Singapur fand nun mit österreichischer Beteiligung heraus, dass die Zuckerabhängigkeit von Krebszellen nicht damit zusammenhängt, dass sie mehr Energie brauchen, sondern an einer bisher unbekannten Signalfunktion von Glukose (Traubenzucker). Schon kleinste Konzentrationen davon können die entarteten Zellen vor dem Tod bewahren, berichten die Forscher im Fachjournal Science Signaling.

Egon Ogris von den Max F. Perutz Laboratories der MedUni Wien, die unterstützend an der Studie beteiligt waren, erklärt: „Ich würde auf keinen Fall dazu raten, ganz auf Glukose und Kohlenhydrate zu verzichten – unsere normalen Zellen benötigen diese Nährstoffe auch. Krebs und ein ausgehungerter Patient sind keine gute Kombination.“ Schlecht sei nur eine übermäßige Zuckerzufuhr: „Denn die führt zu Fettleibigkeit und der zwischen Übergewicht und Krankheiten wie Krebs und Diabetes sind belegt.“

In der Forschung würde man derzeit herausfinden, was das Umstellen der Zuckerzufuhr in den Krebszellen bewirkt. Dadurch könnten spezifische Proteine in Krebszellen identifiziert und gezielt angegriffen werden. „Die Zukunft liegt in der personalisierten Medizin – man findet heraus, wo die Schlüsselstellen sind und versucht darauf zugeschnittene Inhibitoren einzusetzen, die nur die Tumorzellen angreifen und das übrige Gewebe verschonen“, erklärt Ogris.

Darum geht es letztendlich auch dem Forschungsteam um Koji Itahana in Singapur: In ihren Zellexperimenten aktivierten die Krebszellen bei Zuckermangel einen Kalzium-abhängigen Eiweißstoff, der letztendlich zum Zelltod führte. Die Hoffnung ist, medikamentös dafür zu sorgen, dass die Zellen mehr Kalzium aufnehmen und durch einen gleichzeitigen Zuckermangel Krebszellen abzutöten, während gesunde Zellen unbehelligt bleiben. „Das ist aber alles noch Zukunftsmusik“, betont Ogris.