"Swellness" therapiert Burnout am Atlantik
Von Nina Horcher
Raus aus dem Seminarraum – rein in den Atlantik. So einfach lautet das Rezept von Florian Schmid-Höhne. Was klingt wie ein Surfurlaub für Studenten, ist für viele der Ausweg aus einer ernsten Krise: Der deutsche Diplom-Psychologe und Stressverhaltenstrainer schafft am Meer Raum für jene, denen alles zu viel geworden ist. Auf Sylt und an der Atlantikküste in Portugal behandelt er mit seinem Coaching-Konzept "Swellness" Burnout-Patienten direkt am Ozean.
"In der Früh und am Ende des Tages schauen wir zuerst auf das Meer und dann nach Innen", beschreibt Schmid-Höhne den Tagesablauf seiner Meer-Coachings. "Damit soll die Selbstwahrnehmung wieder geübt werden." Das Meer diene dabei als Projektionsfläche der eigenen Seelenlandschaft – "entweder es ist im Einklang oder im Kontrast mit den eigenen Gefühlen", ist der Therapeut aus Erfahrung mit seinen Klienten überzeugt. Darüber hinaus hätten Menschen gerade in der heutigen, von Informationsüberflut geprägten Zeit, ein größeres Bedürfnis nach dem Blick auf die weiten Flächen des Wassers. Aber wie kann der Meerblick zur Heilung von Burnout-Patienten beitragen? "Es ist der Mangel an Reizen, die Unbestimmtheit, die wir als entspannend empfinden", erklärt Schmid-Höhne.
Für die Therapie sei das Meer als beruhigende Kraft unterstützend, denn oft seien Patienten bei der Ankunft für Entspannungsübungen noch gar nicht empfänglich. Das Wasser gibt die nötige Energie, um danach gemeinsam an den Problemen arbeiten zu können. Die Idee, Burnout am Meer zu therapieren, kam Schmid-Höhne während seiner Ausbildung zum Stressverhaltenstrainer in München, erzählt er: "Die beengende Seminarraum-Atmosphäre hat mir nie gut gefallen. Ich wollte meine Inhalte lieber in einer natürlichen Umgebung vermitteln." Er selbst hat seine Kindheit teilweise auf Teneriffa verbracht und empfinde seitdem eine große Verbundenheit mit dem Atlantik.
Therapie am Strand
Für seine Arbeit als Burnout-Coach sind drei, von Probanden formulierte, Bedeutungskategorien besonders wichtig, fasst Schmid-Höhne zusammen: "Das Meer als Ort der Ruhe und Entspannung", "Das Meer als Heil- und Energiequelle", und "Das Meer als Ort der Selbstwahrnehmung und Reflexion". Aber warum wirkt der Blick auf den Ozean auf viele Menschen so beruhigend?
Magisches Meeresrauschen
Verantwortlich dafür seien vor allem die blaue Färbung, die Weite, die gleichmäßige Brandung und das Meeresrauschen, gaben die Teilnehmer an. In vielen Essays "stellte das Meer eine Gegenwelt zum ländlichen Alltag dar, die man aufsuchen kann, wenn einem alles zu viel wird", so der Therapeut. Selbst fiktive Entspannungsreisen, wie z.B. Aufnahmen vom Meeresrauschen oder Fotos vom vergangenen Strandurlaub, können nach der Therapie weiter zum Seelenwohl beitragen.
Das Konzept der Anti-Stress-Behandlung am Meer ist kein neues. Bereits im 18. Jahrhundert kam "das Meer als universales Heilmittel" in Mode, weiß der Therapeut. Damals sei oft das wilde Wasser nördlicher Küsten zur Therapie eingesetzt worden, um den müden Körpern neue Energie einzuflößen. Eine Idee, die sich bis heute hält – und wirkt. Parallel zum Coaching bietet der Diplom-Psychologe am Atlantik auch Wellenreiten an. Das werde als "Glücksmoment" erlebt, "in dem das Meer seine Energie auf dich überträgt", wie ein Klient schrieb: "Die Wellen sind für mich ein Sinnbild dafür, dass es im Leben immer weitergeht." Dieses Gefühl kann kein Seminarraum imitieren.