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Grenzenlos schädliche Chemie in Plastiktretern

Auf dem Strand, bei der Gartenarbeit oder auf dem Spielplatz – gerade im Sommer sind Plastikschuhe praktisch, weil sie robust, wasserfest und leicht sind. Und es gibt sie sogar in allen Farben. Doch in ihnen steckt auch ein Chemie-Cocktail, der einen aus den Schuhen haut.

Das zeigt eine aktuelle Analyse im Auftrag des Westdeutschen Rundfunks (WDR). In sechs von zehn untersuchten Schuhen waren krebserregende Stoffe und/oder Lösungsmittel enthalten – der Preis spielt dabei übrigens keine Rolle. Im Gegenteil, die besten Ergebnisse erreichte neben Birkenstock ein Paar von Billigschuh-Hersteller Deichmann. Doch komplett einwandfrei war kein Schuh.

Grenzwerte

Die meiste Kritik gibt es für die Belastung mit Polyzyklischen Aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs) – die Weichmacher gelten als hochgradig krebserregend. Nur vier Plastikschuhe waren frei von PAKs. Für die giftige Chemikalie gibt es in Plastikprodukten nach wie vor keine Grenzwerte, obwohl Wissenschaftler sie seit Jahren immer wieder fordern. Das Absurde daran: Die Industrie hat zwar einen freiwilligen Grenzwert von 10 mg/kg festgelegt – dieser gilt aber nur für Autoreifen. Vom österreichischen Produktsicherheitsbeirat gibt es zwar eine Empfehlung für einen Grenzwert von 0,2 mg/kg für Plastikprodukte, doch wie der aktuelle Test zeigt, wurde dieser um das bis zu 8-Fache überschritten.

Erhöhte PAK-Werte in Plastikschuhen fand auch die Abteilung für Produktsicherheit vom Ministerium für Konsumentenschutz, erzählt Disa Medwed. „Die EU-Kommission sieht aber keinen Bedarf gesetzliche Einschränkungen einzuführen. Diese gibt es nur für Kinderprodukte, weil da nachgewiesen wurde, dass sich Chemikalien lösen, wenn Kinder die Dinge in den Mund nehmen und an ihnen lutschen. Die Gefährdung für Erwachsene konnte bisher nicht glaubhaft nachgewiesen werden.“

Lösungsmittel

Doch nicht nur PAKs in Plastikschuhen werden kritisiert – sechs der Testprodukte enthielten Lösungsmittel, drei davon bis zu sechs verschiedene (darunter auch das bekannteste Markenprodukt Crocs). Lösungsmittel sorgen häufig für den starken Plastikgeruch und wurden etwa vom Deutschen Bundesinstitut für Risikobewertung als allergieauslösend und hautreizend eingestuft. Genauso wie PAKs können auch diese über die Haut aufgenommen werden. Vom WDR mit den Ergebnissen konfrontiert, antworteten einige Hersteller, den europäischen Rechtsvorschriften zu entsprechen. Von der Abteilung von Medwed wurden die Produzenten angeschrieben und auf die Überschreitung der Empfehlungsgrenze hingewiesen. Derzeit läuft eine neuerliche Prüfung.

Wer sich gegen schädliche Weichmacher und Lösemittel schützen will, hat nur wenige Möglichkeiten. Plastik ist so allgegenwärtig, dass der Kontakt damit schwer zu vermeiden ist. In Deutschland gibt es ein eigenes Gütesiegel, das GS-Zeichen. In Österreich fehlt eine solche Orientierungshilfe bislang.

Der typische Plastikgeruch ist jedenfalls ein deutlicher Hinweis dafür, dass es sich um kein qualitativ hochwertiges Produkt handelt, sagt der Konsumentenschützer Konrad Brunnhofer vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). „Wenn es unangenehm riecht, am besten gleich die Finger davon lassen!“ Gerade die krebserregenden PAKs (Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe), die besonders in schwarzem Gummi enthalten sind, kann man nicht immer am Geruch erkennen. Generell rät Brunnhofer daher, Produkte vor dem Gebrauch mit heißem Wasser zu waschen – genauso wie man Kleidung nicht direkt von der Stange kaufen und gleich anziehen sollte: „Vor allem Kinderspielzeug sollte, wenn möglich, vor Gebrauch in den Geschirrspüler und danach mit heißem Wasser nachgewaschen werden.“

Plastikschuhe sollten vorzugsweise nur mit Socken oder Söcklingen getragen werden, um die Aufnahme von Schadstoffen möglichst gering zu halten. „Man kann sich auch an Konsumenten-Tests orientieren, aber sonst gibt es nur wenig Möglichkeiten herauszufinden, welche Produkte wie stark belastet sind.“ Generell gilt, je kürzer der Kontakt, desto besser.