Kautschi im Öko-Check
Von Martin Burger
Jetzt verbieten sie uns auch noch das Kaugummi kauen! Die Reaktionen im Freundeskreis auf die neueste Greenpeace-Untersuchung waren, nun ja, gedämpft. Die Umweltschützer-Truppe hat 15 verschiedene Kaugummis mit Pfefferminzgeschmack nach gesundheitlich bedenklichen Zusatzstoffen abgesucht und stieß bei 7 Produkten auf das Antioxidationsmittel BHA (Butylhydroxyanisol, E 320), das in Baby- und Kindernahrung in der EU verboten ist und im Verdacht steht, krebserregend zu sein.
Der Öko-Check von Greenpeace ist keine klassische Produkt-Studie, es wurde kein Labor beauftragt, sondern eine Empfehlungsliste „aufgrund unserer Erfahrungen“ erstellt. „Wir sind einfach ins Geschäft gegangen und haben nach den Angaben auf den Verpackungen die Inhaltsstoffe recherchiert“, sagt Claudia Sprinz, die bei Greenpeace den Konsumentenschutz verantwortet.
20 Kaugummis pro Tag
Die Gesundheitsbedenken von Greenpeace betreffen Menschen, die „massiv kauen“ (Sprinz). Das seien Kinder, die auf eine Menge von 20 Kautschis und mehr pro Tag kommen bzw. Erwachsene, die „ständig einen Kaugummi im Mund haben“.
Sprinz hat die Kaugummis auf ökologische Aspekte untersucht: Inhaltsstoffe, Gentechnik, Verpackung, Transportwege sowie auf Tierschutz – ein Kaugummi enthielt Gelatine. Als Sieger ging, der Fragestellung entsprechend, ein Produkt auf biologisch-pflanzlicher Basis hervor, der „Chicza Bio Maya Regenwald“-Kaugummi Spearmint. Begründung: Die Rohstoffe für die Kaumasse werden im mexikanischen Regenwald händisch gewonnen. Die Zutaten des Chicza-Kaugummis sind vollständig biologisch abbaubar. Auf Rang zwei folgt laut Greenpeace der Styrum’s Zahnpflege Kaugummi zuckerfrei (bei Denn’s, 3,49 €) vor dem „Überraschungs-Dritten“ (Sprinz), dem Jet-Gum (Flavour Euka Menthol Strong, bei Lidl, um 0,79 €). Produkte des Marktführers Wrigley landeten auf den hinteren Plätzen. Die Firma beruft sich darauf, dass „BHA in sämtlichen Mitgliedsstaaten der EU zugelassen und sicher ist“.
BHA schützt den Kaugummi davor, dass sich die Kaumasse nach dem Auspacken unter Sauerstoffeinfluss verändert. Diesen Effekt könne man aber auch durch den Einsatz von Vitamin E erzielen, sagt der Wiener Umweltmediziner Hans-Peter Hutter.
Die Konsumenten seien auch nicht ganz unschuldig am Einsatz von Chemie in Kaugummis. Hutter, kritisch: „Die Käufer wollen Kaugummis, die bunt sind und glänzen, länger schmecken und eine riesige Blase bilden. Das sind Aufgaben für die Industrie, die die Bedürfnisse ihrer Kunden erfüllen will.“
Wem die Farbe seines Kaugummis aber egal ist, der ist mit dem Sieger aus dem Öko-Check gut bedient. Chicza ist leicht bräunlich.
Der Inhalt eines Kaugummis ist kein Geheimnis. Zuckerfreier Orbit white Peppermint mit Süßungsmitteln und Menthol- und Minzgeschmack enthält laut Auskunft der Firma Wrigley die vier Süßstoffe Xylit, Sorbit, Aspartam sowie eine Aspartam-Verbindung. Umweltmediziner Hutter geht davon aus, dass so die Süßkraft verstärkt werden soll.
Aus umweltmedizinischer Sicht unerwünscht sind problematische Weichmacher in Kaugummis. Diese wurden in einer Studie von Umweltbundesamt und MedUni Wien im Jahr 2009 nachgewiesen. Bei einem sogenannten „Biomonitoring“ wurden Harn- und Haarproben von 150 zufällig ausgewählten Menschen analysiert.
Gefunden wurde ein Stoffwechselprodukt namens Monoethylphthalat, bei Menschen mit häufigem Kaugummi-Genuss. Allerdings muss diese Belastung nicht vom Kaugummi selbst stammen, sie kann aus der Verpackung oder aus dem Produktionsprozess in den Kaugummi gelangt sein, sagt Hutter.
Fazit: Wer viel Kaugummi kaut, sollte überlegen, ob er nicht auf Bio-Kaugummi umsteigt. Der wird nachhaltig produziert, enthält keine Inhaltsstoffe auf petrochemischer Basis und ist biologisch abbaubar. Herkömmliche Kaugummis verrotten nicht, weswegen Gehsteige ohne weiße Kaugummi-Patzen in Städten fast schon Seltenheitswert besitzen.