Graugans-Teenager, die ruppig netzwerken, haben eher Bruterfolg
Netzwerken gilt als wichtiger Faktor für Erfolg - offenbar auch bei Graugänsen. Wie Wissenschafter der Uni Wien herausfanden, hat der soziale Kontext in frühen Lebensphasen langfristige Effekte auf die Tiere. So hatten Gänse, die stärker vernetzt waren, einen höheren Bruterfolg, berichten die Forscher im Fachjournal "Scientific Report". Das Networking der Graugans-Teenager ist aber eher ruppig.
Graugänse leben in Gruppen
Graugänse leben in Scharen mit komplexer Sozialstruktur. Die Gruppengröße variiert dabei je nach Jahreszeit: Im Herbst schließen sich die Gänse zu einer großen Schar zusammen, zum Ende des Winters lösen sich die Paare zur Paarungszeit von der Schar und bleiben auch während und nach der Brutzeit zu zweit zusammen. Unverpaarte Tiere verbleiben hingegen in größeren Gruppen zusammen.
Winterschar
Im Herbst müssen sich die Jungvögel mit Hilfe ihrer Eltern in die Winterschar integrieren. Diese große Gruppe bietet Schutz, aber es kommt auch vermehrt zu Aggressionen zwischen Tieren und damit Stress.
Beobachtung im Almtal
Die Verhaltensbiologinnen Didone Frigerio und Georgine Szipl haben an der zur Uni Wien gehörenden Konrad Lorenz Forschungsstelle in Grünau im Almtal (OÖ) 44 ein- bis dreijährige Graugänse zu verschiedenen Jahreszeiten beobachtet und untersucht, wie sich die Eingliederung in die Gruppe auswirkt.
Aggressives Verhalten
Es zeigte sich, dass die Tiere in der Winterschar stärker vernetzt waren als während der Paarungs- und Brutzeit und sich die einjährigen Gänse stärker vernetzten als zwei- und dreijährige Vögel. Die Vernetzung war dabei aber weniger freundschaftlich, sondern primär "aggressive Interaktion und zeigte sich vor allem in Streitereien, durch Pecken, Drohen, Verjagen", sagte Szipl. "Wenn ich dichter in der Gruppe stehe, habe ich mehr Stress, weil ich meine Position verteidigen muss." Entsprechend höher war auch der Stresslevel der Tiere. Diesen können die Wissenschafter anhand der im Kot gemessenen Stoffwechselprodukte des Stresshormons rekonstruieren.
Rangordnung schon unter Jugendlichen
Die Wissenschafter vermuten, dass dies die Folge einer Rangordnung sein könnte, die sich im Herbst und Winter zwischen den Gruppenmitgliedern ausbildet. Diese Positionierung innerhalb der Gruppe dürfte bereits bei den einjährigen Jugendlichen festgelegt werden. "Die frühe Etablierung der Position innerhalb der Winterschar hat also vermutlich einen direkten und nachhaltigen Effekt, und die Rolle der Gans in der Gruppe während der folgenden Jahren könnte Resultat ihres anfänglichen Status sein", so Szipl.
Frühere Brutversucher, höherer Erfolg
Die Wissenschafter untersuchten auch, ob es einen Zusammenhang zwischen der sozialen Vernetzung in jungen Jahren und dem reproduktivem Erfolg einige Jahre später gibt. Sie zeigten, dass stärker vernetzte Gänse früher Brutversuche unternahmen als weniger stark vernetzte Individuen. "Und sie hatten einen höheren Bruterfolg, also mehr flügge Küken", so Szipl. Sie vermutet einen direkten Zusammenhang mit der Rangordnung in der Gruppe: "Wenn ich eine gute Position in der Gruppe habe, weil ich in der Mitte stehe, weniger Feinddruck habe und mehr zu fressen bekomme, weil ich dominant bin, dann habe ich Vorteile daraus."