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Ginkgo und Co.: Sind Bäume unsterblich?

Vor 5066 Jahren keimte in den kalifornischen White Mountains eine Kiefer. In den 1950er Jahren gelang Forschern der Nachweis, das es sich um die älteste bekannte individuelle Pflanze der Welt handelt. Dass die Kiefer noch lebt, liegt daran, dass Gewächse offenbar anders altern, als es uns von Menschen und Tieren vertraut ist. So viel war schon länger bekannt. Anfang des Jahre haben chinesische Forscher aber eine Aufsehen erregende Arbeit vorgelegt: Im Wissenschaftsmagazin PNAS spekulierten sie, Bäume könnten sogar potenziell unsterblich sein.

Tricks gegen das Altern

Als die Forscher  nämlich Ginkgos im Alter zwischen 15 und 667 Jahren untersuchten, stellten sie fest, dass die Methusalems den Jünglingen in Sachen Samenkeimung und Energiegewinnung durch Fotosynthese um nichts nachstanden. Ginkgo-Bäume haben besonders effiziente Tricks gegen das Altern entwickelt. Sie wehren Krankheiten mühelos ab, wachsen lieber weit weg von Artgenossen, um nicht um Nährstoffe rittern zu müssen. Wenn doch mal alles schiefgeht, treiben sie am Stamm neu aus. Als Geheimnis langlebiger Arten gelten ihre hohe Regenerationsfähigkeit sowie das langsame modulare Wachstum. Jahr für Jahr wächst das Gewebe auf abgestorbenen Pflanzenteilen weiter. Die lebendige Biomasse von sehr alten Exemplaren beträgt mitunter weniger als fünf Prozent. 

In PNAS schrieben die Forscher, dass in bestimmten Zellen aufgrund des Alterungsprozesses zwar einige Gene weniger aktiv waren, aber: „Betrachtet man den Baum als Ganzes, ist kein Alterungsprozess erkennbar“.

Kaum Vergleichsexemplare

Jetzt widerspricht der Botaniker Sergi Munné-Bosch von der Universität Barcelona im Fachblatt Trends in Plant Science. Seiner Meinung nach sind Alterungsprozesse bei sehr alten Bäumen nur schwer festzustellen. Einerseits können wegen der extremen Zeiträume keine Langzeitbeobachtungen gemacht werden. Außerdem gibt es kaum Vergleichsexemplare: „Wenn eine Baumart 5000 Jahre alt werden kann, ist es sehr schwer, auch nur zwei Bäume zu finden, die zwischen 2000 und 5000 Jahre alt sind“, argumentiert Munné-Bosch in einer Aussendung. „Sie sind nicht unsterblich.“ Bäume sind demnach genauso von den Abnutzungserscheinungen des Alterns betroffen wie andere Organismen auch. Für sehr alte Bäume ist es ohnehin wahrscheinlicher, an äußeren Faktoren wie einem Brand, einer Dürre oder einer Krankheit zu sterben als an Altersschwäche. Welche Forscher recht haben, wird sich wohl erst in einigen Jahrtausenden zeigen. red