Sport gegen Abhängigkeiten: Ein neuer Weg aus der Sucht?
Im Jahr 2021 waren in Österreich über 26.000 Menschen in drogenspezifischer Behandlung. Abhängigkeit kann schnell entstehen. Die Ursachen sind vielfältig: Sie entfalten sich in einem breiten Spektrum, von genetischer Veranlagung zur Sucht über soziale und psychische Not bis hin zu "Peerpressure", also Gruppenzwang.
Während manche Drogen wie Cannabis oder Tabak zwar eine starke Suchtgefahr bergen, die jedoch nicht sofort eintritt, sind Konsumenten von Opium oder Heroin oft schon nach kürzester Zeit abhängig. In den Teufelskreis der Sucht gerät man leicht, der Ausstieg ist mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Mit ein paar Muskeln könnte Letzteres aber besser gelingen.
Wirksame Begleitmaßnahme
Bekannt ist, dass körperliche Betätigung die Gesundheit unterstützt und gegen Stress, Depressionen und schlechte Laune hilft. In einer aktuellen Analyse wurden 43 bereits veröffentlichte Studien, die sich damit beschäftigen, ob Sport auch als begleitende Maßnahme in der Suchtentwöhnung helfen kann, nochmals unter die Lupe genommen. Tatsächlich zeigte sich, dass Sport hier äußerst wirksam sein kann.
In der Überblicksarbeit ist nachzulesen, dass suchtbegleitende Symptome wie Depressionen sich dadurch in 50 Prozent der Fälle besserten, Symptome von Angststörungen sogar in über 70 Prozent. Bezogen auf die Suchtentwöhnung war in 16 der besprochenen Studien bei 75 Prozent der Kandidaten ein Erfolg zu verzeichnen. Florence Piché, Mitautorin der Studie und Doktorandin an der Universität Montreal, erklärte gegenüber dem Magazin Time, dass Behandlungen "oft sehr auf psychische Gesundheit konzentriert sind und physische Gesundheit beiseitegestellt wird".
Im Großteil der Einzeluntersuchungen absolvierten die Teilnehmer drei Mal wöchentlich 60-minütige Sporteinheiten. Joggen wurde insgesamt am häufigsten untersucht. Es wurden aber auch Sportarten wie Yoga, Fahrradfahren, Krafttraining und einfach nur Gehen angeboten. Es zeigte sich durch die Bank, dass physische Betätigung die Behandlungen deutlich wirksamer macht.
Sport hilft auch vorbeugend
In einer Analyse aus dem Jahr 2014 hatte sich bereits offenbart, dass sportlichen Menschen die Suchtentwöhnung leichter fällt und sie auch mit geringerer Wahrscheinlichkeit unter Entzugserscheinungen leiden. Sie sind überhaupt weniger gefährdet, Drogen zu konsumieren. Eventuell, weil Sport ein ähnliches Glücksgefühl auslöst.
Piché spricht außerdem von einer Art Domino-Effekt: Denn viele Betroffene haben bereits andere psychiatrische Diagnosen, wie beispielsweise Depressionen. Wenn man diese behandelt, steigt die Chance, dass sich auch die Sucht bessert.
Wie Bewegung und erfolgreiche Suchtentwöhnung genau zusammenhängen, ist derzeit noch unklar. Der positive Effekt könnte aber damit zusammenhängen, dass gesunde Verhaltensweisen selten allein vorkommen. Also wird jemand, der Sport betreibt, und dessen körperliche Gesundheit sich somit bessert, wahrscheinlich motivierter sein, Drogen und Alkohol abzuschwören.
Langfristige Entwöhnung
Zurück zur Frage, ob man Süchte tatsächlich mit einer Jogging-Runde bekämpfen kann: Sport scheint tatsächlich eine vielversprechende Methode zur Behandlung von Substanzabhängigkeit zu sein. Vor allem in Kombination mit psychologischer Betreuung.
Auch ohne Sucht – wenn man etwa einfach nur einen schlechten Tag hatte – ist es ratsam, sich zu bewegen und seiner Seele und seinem Körper etwas Gutes zu tun.