Filme für die Seele: Lebenshilfe von Jack Nicholson und Co.
Von Julia Pfligl
Für einen gänzlich unspirituellen Menschen ist es mitunter eine Herausforderung, den Ausführungen von Ruediger Dahlke zu folgen. Der 66-jährige Arzt und Psychotherapeut hat ein neues Buch – sein 64. (!) – herausgebracht und spart im Interview nicht mit Begriffen wie „Lebensbühnen“, „Schattentherapie“ und „Seelenbildern“. Dabei geht es in „Die Hollywood-Therapie“ – man ahnt es bereits – eigentlich um Filme, also ein originär unesoterisches Feld.
Dahlke, der das Buch mit seiner Ex-Frau Margit – ebenfalls Therapeutin – verfasst hat, schafft es freilich, auch diesem Thema einen parawissenschaftlichen Anstrich zu verpassen. Grundtenor des 400-Seiten-Wälzers: Ausgewählte Filme können eine Therapie ergänzen oder, je nach Schwere des Krankheitsbilds, als Eigentherapie dienen. „In anderen Rollen kann man sich selbst und das eigene Lebensdrehbuch erkennen“, sagt Dahlke. Man dürfe nicht erwarten, dass man so Krebs oder eine Psychose heilen kann (lautes Aufatmen der Redakteurin). Nachsatz: „Wir haben aber erlebt, dass Filme bei Krebspatienten sehr unterstützend sein können.“
Eine Liste gegen Krebs
In mehr als 40 Jahren hat der Mediziner und begeisterte Cineast eine Reihe „therapeutisch wertvoller“ Filme gesammelt (siehe re.), die seinen Patienten immer wieder geholfen hätten. Dass Schinken wie „An deiner Seite“ (ebenfalls mit dem „Dahlke-Gütesiegel“ versehen) bei Beziehungskummer tröstlich wirken, ist naheliegend. Aber bei Krebs? In diesem Fall empfiehlt Doktor Dahlke „Das Beste kommt zum Schluss“ mit Jack Nicholson und Morgan Freeman: „Beide haben eine starke Kommunikationsstörung und bekommen Lungenkrebs – das ist sehr stimmig im Sinne von ‚Krankheit als Symbol‘.“
Beim Googeln des Dahlke-Bestsellers aus den 90ern stößt die Esoterikeinsteigerin rasch auf die (umstrittene) Kernbotschaft: Ein kranker Körper ist nur das Symptom einer kranken Seele. Simpler formuliert: Wer krank wird, ist selber schuld.
So wie Nicholson und Freeman also. Im Film erstellen die beiden Patienten eine „Bucket List“ mit Dingen, die sie noch erleben möchten – etwas, das laut Dahlke jeder, ob krank oder nicht, tun sollte. „Das wäre eine wunderbare Vorbeugung eines solchen Krankheitsbildes. Bei Freeman ist es eine Therapieunterstützung, bei Nicholson, der ja plötzlich gesund wird, ein Schritt zur Heilung, glaube ich. Weil er zu sich findet, über seinen Schatten springt, seine Herzenswünsche umsetzt.“
Welcher Film den Vater einer Tochter persönlich geprägt hat? „‚Jenseits von Afrika‘ mit Robert Redford als ewigen Jüngling, der sehr charmant ist, sich aber auf nichts einlässt. Drei meiner besten Freunde waren so, und auch ich hatte Tendenzen, dass ich immer wieder sehr viel gewagt habe.“
Mit seiner Hollywood-Therapie plädiert Dahlke auch dafür, sich den Feierabend zurückzuerobern: bewusst kluge Filme anzuschauen, anstatt sich von Dauerwerbung und stupiden Reality-Formaten berieseln zu lassen. „Dann erlebt man auch eine bessere Nacht.“ Klingt eigentlich ganz vernünftig. Und gänzlich unesoterisch.
Info: „Die Hollywood Therapie – was Filme über uns verraten“, 472 Seiten, 20,50 €
Lebenshilfe: Vier Filme, die Ruediger Dahlke in seinem neuen Buch empfiehlt
„Man lernt nie aus“ (2015) Ein 70-Jähriger (De Niro) langweilt sich in seiner Pension und beginnt ein Praktikum bei einer Mode-Website. „Dieser Film kann vielen, die in Berufskrisen stecken, weiterhelfen“, sagt Dahlke.
"The Kid" (2000) Bruce Willis spielt einen vereinsamten Karrieremenschen, dem sein achtjähriges Alter Ego erscheint. „Hier kann man lernen, dass es gefährlich ist, wenn wie das innere Kind, das spielerisch und neugierig die Welt betrachtet, verliert.“
„Angsthasen“ (2007) Laut Dahlke eines der besten Beispiele, dass Krisen Chancen sind: Phobiker Adrian erhält fälschlicherweise eine Krebsdiagnose. Mit der Aussicht, nur noch drei Monate zu leben, ändert er seine Einstellung und legt die Ängste ab.
„Harold und Maude“ (1971) Die 29-Jährige bringt Schwung ins Leben des 20-jährigen Harold. „Man lacht über die makabersten Szenen und söhnt sich auf humorvolle Weise mit dem Sterben aus.“