Fettleibigkeit als wachsendes Problem
Der Wonnemonat Mai 2018 hat in Wien bzw. Europa in mehrfacher Hinsicht etwas mit krankhaftem Übergewicht zu tun. Am 19. Mai wird der jährliche Europäische Adipositas-Tag (European Obesity Day) begangen und von 23. bis 26. Mai tagen in Wien europäische Fachleute beim ECO2018 (European Congress on Obesity) im Austria Center Vienna.
Pandemische Ausmaße
Aus diesen aktuellen Anlässen informierten die Österreichische Adipositas Gesellschaft (ÖAG) und die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) am Mittwoch gemeinsam über die weitverbreitete Erkrankung. "Dicke Menschen essen zu viel und bewegen sich zu wenig. Dies ist eines der häufigsten Vorurteile mit welchem adipöse Menschen konfrontiert werden. Die Ursachen für Adipositas sind allerdings wesentlich komplexer", wurde der Präsident der Österreichischen Adipositas Gesellschaft (ÖAG), Friedrich Hoppichler, in einer Aussendung zitiert. "Adipositas ist eine chronische Erkrankung, die mittlerweile pandemische Ausmaße erreicht hat. Die Bedeutung der 'Gefahr Adipositas' für die Gesellschaft hat die WHO besonders hervorgestrichen, indem sie Adipositas zum größten globalen chronischen Gesundheitsproblem bei Erwachsenen erklärt hat. Adipositas entwickelt sich auch zum schwerer wiegenden weltweiten Problem als Unterernährung." Andere Ursachen als zu wenig Bewegung und zu viel an Kalorienaufnahme nannte der Experte in der Aussendung allerdings nicht.
Jedenfalls sei Adipositas als Krankheit zu bewerten, hieß es weiter. "Nicht umsonst wurde Adipositas von der WHO als Erkrankung anerkannt. Keiner würde auf die Idee kommen, einen Patienten mit einem Bronchuskarzinom nicht zu behandeln, nur weil dieser Raucher war", betonte die Internistin Johanna Brix, Vorstandsmitglied der ÖAG.
Prävention
"In den letzten Jahren hat die Hirnforschung sehr interessante Mechanismen entdeckt, die zeigen, weshalb es für einen Menschen, der einmal adipös geworden ist, wirklich schwierig ist, nach einer Gewichtsabnahme dauerhaft schlank zu bleiben", erklärte die Expertin. "Aus evolutionstaktischen Gründen versucht unser Gehirn immer das einmal bereits erreichte maximale Gewicht erneut zu erreichen. Dadurch bleibt für Menschen, die eine Gewichtsabnahme geschafft haben, eigentlich immer der Kampf, nicht wieder zuzunehmen. Unter diesem Gesichtspunkt zeigt sich, wie essenziell das Thema Prävention von Adipositas ist, damit eine deutliche Gewichtsabnahme gar nicht notwendig wird."
Eine Studie aus dem Jahr 2017 des vorsorgemedizinischen Instituts SIPCAN, an der Wissenschafter des Instituts für Ernährungswissenschaften der Universität Wien in Kooperation mit dem Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien gearbeitet haben, hat bei 827 Wiener Schülerinnen und Schülern aus Neuen Mittelschulen und Gymnasien die Größe und das Gewicht gemessen. Diese Studie lieferte demnach erschreckende Zahlen für diese Altersgruppe: bereits 31,2 Prozent der schulpflichtigen zehn- bis 19-Jährigen sind übergewichtig oder adipös.
Buben sind häufiger betroffen
"Das bedeutet, dass in einer untersuchten Klasse mit 24 Schülern durchschnittlich bei acht ein zu hoher Body Mass Index gemessen wurde", sagte Hoppichler. Ähnliche Zahlen präsentierte SIPCAN bereits im Jahr 2016 für Tirol - auch dort seien 30 Prozent der 14- bis 15-jährigen Kinder von Übergewicht oder Adipositas betroffen. Nachdenklich stimme auch, dass im Vergleich zu Daten aus dem Jahr 2012 die Zahl der stark übergewichtigen Kinder und Jugendlichen in den vergangenen fünf Jahren von 7,3 Prozent auf aktuell 10,7 Prozent angestiegen sei. Buben seien mit einem Anteil von rund 36 Prozent häufiger betroffen als Mädchen mit einem Anteil von rund 25 Prozent.