Wissen/Gesundheit

Expertenbericht: Bäume sind gegen Hitzestress unerlässlich

Wälder und Bäume tragen vielfältig zur Gesundheit bei, etwa als Hitzeschild in Zeiten des Klimawandels, als Luftfilter oder als Quelle für Heilpflanzen, Wirkstoffe und Nahrung. Mangelhafte Praktiken beim Waldschutz haben aber zu negativen Effekten für die Gesundheit geführt, heißt es in einem am Dienstag vorgestellten Bericht internationaler Forscher.

Der Schutz und die richtige Bewirtschaftung von Wäldern und Bäumen seien für den Erhalt der Gesundheit unerlässlich.

Der globale Bericht zu Wald und Gesundheit von einem Team um Cecil Konijnendijk von der University of British Columbia (Kanada) wurde bei einer Online-Präsentation der "International Union of Forest Research Organizations" (IUFRO) mit Sitz in Wien präsentiert.

Darin zeigen die Expertinnen und Experten auf, warum Wälder und Bäume für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen wichtig sind. So würden Baumkronen, insbesondere in den urbanen Regionen der einkommensstarken Länder, bei Hitzewellen für Abkühlung sorgen, städtische Parks Erholung bringen. Zudem tragen Wälder und Bäume zur Lebensgrundlage der Landbevölkerung bei.

Hitzestress

"Auch in Mitteleuropa leben viele Menschen in Städten und Gemeinden und sie sind dort häufig Hitzestress ausgesetzt", erklärte Konijnendijk gegenüber der APA. Untersuchungen hätten gezeigt, dass Wald und Grünflächen bei Hitzewellen die Zahl der vorzeitigen Todesfälle um ein Drittel reduzieren können und sogar der Blick auf Bäume aus dem Fenster die Gesundheit und das Wohlbefinden fördert.

Grünflächen und Bäumen wird den Experten zufolge in der Stadtplanung oft nicht die gebührende Anerkennung und Priorität eingeräumt: "Die Stadtplanung sollte sicherstellen, dass die Menschen stets leichten Zugang zu Wäldern, Grünflächen und Bäumen haben, sowohl physisch als auch visuell", so der Forscher, der in diesem Zusammenhang eine ambitionierte "3:30:300-Regel" vorschlägt: "Jeder sollte von seinem Fenster aus - ob zu Hause, am Arbeitsplatz oder in der Schule - mindestens drei ausgewachsene Bäume sehen können, die Fläche jedes Stadtviertel muss mindestens 30 Prozent Baumkronen aufweisen, und wir alle sollten eine hochwertige öffentliche Grünfläche haben, die nicht weiter als 300 Meter von unserem Haus entfernt ist."

Gefahr von Tier-Mensch-Infektionen

Zudem fänden Zoonosen, also Tier-Mensch-Infektionen, politisch noch zu wenig Beachtung, obwohl die Forscher Anzeichen dafür sehen, dass die Zahl der Erkrankungen und Todesfälle dadurch in Zukunft ansteigen wird. Solche Erkrankungen könnten von schlechter Bewirtschaftung des Waldes ausgehen: "Zoonosen wie Ebola und SARS wie etwa Covid-19 können mit Störungen in den Beziehungen zwischen Wäldern und Menschen in Verbindung gebracht werden", sagte der Forscher: "Wie wir erst kürzlich bei Covid-19 gesehen haben, können aber diese Krankheiten, selbst wenn sie an weit entfernten Orten auftreten, globale Auswirkungen haben."

In ihrem Bericht verweisen die Autorinnen und Autoren auch auf den Nutzen von Waldflächen als heilende Umgebung, z. B. nach einer Pandemie wie Covid-19 - insbesondere für jene, die unter Langzeitfolgen oder psychischen Problemen leiden. "Unsere Bewertung dokumentiert den therapeutischen Nutzen von Wäldern und Grünflächen sehr gut. Studien über Therapie-Gärten in Ländern wie Dänemark und Schweden haben gezeigt, dass Menschen mit verschiedenen Formen von psychischen Erkrankungen viel gesünder werden, wenn sie an therapeutischen Programmen in der Natur teilnehmen", sagte Konijnendijk.

In Stadtplanung einbauen

Die Forscher appellieren an die Politik, Wälder, Bäume und Grünflächen als wesentliche Bestandteile von Gesundheitspolitik und -programmen sowie Stadtplanung zu betrachten. Es seien viel mehr sektorübergreifende Initiativen erforderlich. Die Rolle der Natur bei der Förderung von Gesundheit und Wohlbefinden müsse auch in der gesamten medizinischen Aus- und Fortbildung berücksichtigt werden.

Es brauche einen "One-Health"-Ansatz, also eine über mehrere Sektoren abgestimmte Gestaltung und Umsetzung von Programmen, Rechtsvorschriften und Forschung. "One-Health" sieht dabei die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt als eng miteinander verbunden an. Der Ansatz ist auch laut der Weltgesundheitsorganisation WHO ein zentrales Mittel, um künftig Gesundheitsgefahren an der Schnittstelle von Tier, Mensch und Umwelt zu bewältigen.

"Die Sensibilisierung von Entscheidungsträgern, Planern und Gesundheitsfachleuten wird ein wichtiger Schritt sein", betonte Konijnendijk. Aber auch im Bereich der Forstwirtschaft müsse man das Bewusstsein für Gesundheitsaspekte schärfen und den Gesundheitsnutzen in forstwirtschaftlichen Programmen und Aktivitäten stärker in den Vordergrund stellen.

"Das Bewusstsein für die Rolle von Wäldern und Bäumen ist beim Klimaschutz bereits gewachsen, z.B. durch die Arbeit des Weltklimarat und verschiedene waldbezogene politische Prozesse", erläuterte der Wissenschafter: "Was wir hier verbessern können, ist eine stärkere Berücksichtigung der Verbindungen zwischen Wäldern, Klimawandel und menschlicher Gesundheit."