Wissen/Gesundheit

Depression: Digitale Programme verbessern Psychotherapie-Wirkung

Eine kurze therapeutische oder psychologische Begleitung in "Echtzeit" und zusätzlich Internet-Werkzeuge nutzen: Diese im Fachjargon als "Blended Therapy" bekannte Methode bei Depressionen oder depressiven Verstimmungen zeigt gute Erfolge - nicht erst, seit die Corona-Pandemie direkte Kontakte  enorm reduzierte. Österreich liegt im internationalen Vergleich im Bereich dieser Kombi-Behandlung deutlich zurück, was unter anderem mit dem - in der Corona-Krise gelockerten - Verbot für Fernbehandlungen zu tun hat“

Nun haben österreichische, deutsche und Schweizer Forscher der Arbeitsgruppe "Psychotherapieforschung" in einer umfassenden Studie dies auch wissenschaftlich belegt. 

Das Ergebnis ist deutlich: Die Effekte konnten langfristig die Wirksamkeit der Psychotherapie verbessern. "Wenn digitale Assistenzprogramme die Wirksamkeit gängiger Behandlungsangebote anhaltend verbessern, wie die Studie zeigt, hätte dies wichtige Konsequenzen für die Therapie von morgen im Sinne einer verbesserten Patientenversorgung, so Studienerstautor Raphael Schuster von der Universität Salzburg. Laut WHO werden Depressionen bis 2030 die häufigste Ursache für Beeinträchtigungen und Behinderungen sein und können unbehandelt lange negative Konsequenzen nach sich ziehen.

Größte Studie derzeit

Nach Schustern Angaben handele es sich um die gegenwärtig international größte Studie zu diesem Aspekt. An der Studie nahmen 340 Patientinnen und Patienten mit leichten bis mittelschweren Depressionen teil. Schuster: "Sie zeigte, dass die Kombination Psychotherapie plus Internet Intervention einen ähnlichen Zusatznutzen bringt wie die Kombination von Psychotherapie und Psychopharmaka."

Die positiven Wirkungen der Kombinationstherapie waren dabei weitgehend unabhängig von Alter, Geschlecht oder Bildungsstand der teilnehmenden Personen. Ein besonders wichtiger Befund ist, dass die Effekte auch im sogenannten Follow-up Zeitraum von sechs Monaten stabil blieben, betont Schuster. „Die  Langzeiteffekte sind besonders wichtig, denn nur sie geben Auskunft darüber, ob etwaige Verbesserungen auch nachhaltig bestehen.“ Überraschend war für die Studienautoren das große Interesse älterer Menschen an Internet Interventionen. „Entgegen der Annahme, dass solche Programme eher für junge Menschen oder für leicht depressive Patienten geeignet sind, haben wir gesehen, dass sich vor allem ältere Betroffene und jene mit stärkeren Symptomen sehr ausgiebig mit der Internet-Behandlung auseinandergesetzt haben.“

Aspekt Selbst-Management

Und worauf könne man zurückführen, dass die Kombinationstherapie einer ausschließlichen Psychotherapie überlegen ist? Nach Meinung der Experten spielt dafür die Verbesserung des krankheitsbezogenen Selbstmanagements eine wichtige Rolle. „Das haben wir hier nicht konkret untersucht, aber in einer weiteren Studie haben wir die nötigen Variablen erhoben und konnten zeigen, dass verbesserte Handlungskompetenzen sowie Veränderungen von dysfunktionalen Denkmustern zum Erfolg beitrugen. Das sind jene Faktoren, die wir bereits aus der persönlichen Therapie kennen.“

Die digitale Psychiatrie stellt derzeit eine der obersten Forschungsprioritäten innerhalb der Psychiatrie dar. Zur ihr zählen neben der Entwicklung von Internet Interventionen auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Vorhersage von Behandlungs(miss)erfolgen. „Es wird erwartet, dass dieses Forschungsfeld einen ähnlichen Innovationsgrad besitzt wie die Entwicklung der bildgebenden Verfahren wie fMRI, CT usw.“, sagt Schuster. Ein Teilbereich  der digitalen Psychiatrie ist die Blended Therapy, bei der die Psychotherapie um digitale Tools erweitert wird. , so Schuster. „Entsprechend internationaler Initiativen ist es wahrscheinlich, dass in der Psychotherapie zukünftig in größerem Umfang technische Hilfsmittel eingesetzt werden. Während dieser Veränderungsprozess in Deutschland bereits im Gang ist, sollten in Österreich entsprechende Strategien vorbereitet werden, um eine gute Patientenversorgung gewährleisten zu können und auch um in Österreich entsprechendes Know-how aufzubauen“, sagt Schuster und fügt hinzu: „Angesichts des allgemeinen Rückstands Österreichs beim Thema psychotherapeutische Versorgung, wäre dies aber nur einer von mehreren Schritten“.