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Coronavirus: Wiener Anti-Covid-19-Peptid in klinischer Studie in Paris

Das Wiener Biotech-Medikament FX06 - ursprünglich aus der Forschung an der Universitäts-Hautklinik (MedUni Wien/AKH) - wird jetzt im Rahmen einer klinischen Studie an schwerstkranken Covid-19-Patienten an der Pariser Universitätsklinik Pitie-Salpetriere untersucht. Drei Patienten sind bereits in die Placebo-kontrollierte Studie aufgenommen worden, teilte Thomas Steiner, Geschäftsführer und Mitbegründer des Wiener Biotech-Unternehmens F4 Pharma, der APA mit.

FX06 ist ein im Jahr 2000 an der Wiener Universitäts-Hautklinik identifiziertes Peptid, ein Bestandteil von Fibrin. Es soll - unter vielen anderen möglichen Anwendungen - im Fall von schwersten Covid-19-Lungenproblemen "undicht" gewordene Kapillargefäße wieder "abdichten" und die beim akuten Lungenversagen (ARDS) auftretenden Ödeme bekämpfen. Ein stark antientzündlicher Effekt kommt offenbar hinzu. 2014 war die Substanz in Heilversuchen in Deutschland bei Ebola-Patienten verwendet worden. Erst vor kurzem wurden positive Ergebnisse von individuellen Heilbehandlungen bei sechs Patienten an den Universitätskliniken von Frankfurt/Main und Würzburg in Deutschland in der Intensivmediziner-Fachzeitschrift "Critical Care" unter Peer Review publiziert worden. Vier Patienten hatten gerettet werden können.

"Großer medizinischer Bedarf an Optionen"

Nun startete die erste klinische Studie (FX-COVID) mit insgesamt geplanten 50 Patienten. Bei der Untersuchung am Pariser Klinikzentrum Pitie-Salpetriere erfolgt die Behandlung von schwer erkrankten Covid-19-Patienten, die auf der Intensivmedizin-Station mechanisch beatmet werden müssen oder sogar eine ECMO-Therapie benötigen. Dies geschieht in einer Gruppe, welche drei bis sieben Tage lang das Peptid per Infusion erhält, und in einer Placebo-Gruppe. "Es besteht großer medizinischer Bedarf an Optionen in der Behandlung für die schwersten Covid-19-Fälle und wir hoffen, dass wir in der Lage sein werden, den Nutzen für diese Patienten in dieser kontrollierten Studie zu zeigen", wurde Studienleiter Nicolas Brechot dazu zitiert.

FX06 soll in zweifacher Weise einen Effekt gegen die schweren Komplikationen von Covid-19 entfalten. Als Reaktion auf die Infektion kommt es zu einer sehr starken, überschießenden Immunreaktion mit einem "Zytokin-Sturm". Die Integrität der Blutgefäße wird gestört, sie werden "undicht" (Capillary Leak). Umliegendes Gewebe wird in Mitleidenschaft gezogen. Patienten kämpfen mit schweren Atemproblemen und Lungenschäden. Auch andere Organe, wie Herz oder Niere und das Gehirn können betroffen sein. Weiters kommt es zu einer generalisierten Entzündungsreaktion im Körper, die vor allem kleine Blutgefäße betrifft.

Anstieg der Sauerstoffversorgung

Bei den bisherigen individuellen Heilversuchen, die in "Critical Care" publiziert worden sind, wurden eine verbesserte Lungenfunktion und reduzierte Entzündungswerte unter der Therapie mit FX06 beobachtet. "Die mit FX06 behandelten Patienten zeigten einen bemerkenswerten Anstieg ihrer Sauerstoffversorgungs-Parameter, was wir für ein Indiz für eine Normalisierung der Gefäßwände in der Lunge ansehen (...)." Das hätte sich auch in bildgebenden Untersuchungen gezeigt. Im Mittel stieg der Grad der Sauerstoffversorgung über die Lunge nach Anwendung der Substanz bei den Behandelten auf etwa das Doppelte, hatte es Anfang Oktober in der Publikation geheißen. Während in den vergangenen Monaten einige Therapien bei leichtem bis moderatem Covid-19-Krankheitsverlauf Erfolge brachten, sind die Möglichkeiten bei Schwerkranken weiterhin begrenzt.

Die nun gestartete Placebo-kontrollierte Studie wird durch den Pariser Krankenhausverbund (AP-HP) durchgeführt. "Die Wissenschafter hoffen, dass die Ergebnisse Ende dieses Jahres, Anfang kommenden Jahres vorliegen", erklärte Steiner gegenüber der APA. Parallel dazu wird an der Verwirklichung einer geplanten weiteren klinischen Studie an den Universitätskliniken in Wien, Frankfurt und Würzburg gearbeitet. Es geht auch um die Sicherstellung der Finanzierung.

Die Substanz hat eine lange und verschlungene Geschichte hinter sich. Anfang des Jahres 2000 identifizierte Peter Petzelbauer, Chef der Abteilung für Haut- und Endothelforschung der Wiener Universitäts-Hautklinik (AKH), das Peptid B-beta15-42 aus 28 Aminosäuren - ein Teil des Blutklebstoffs Fibrin - als mögliche Wirksubstanz für eine Reihe von Einsatzgebieten. Positiv verlief beispielsweise eine klinische Studie mit mehr als 240 Herzinfarktpatienten zur Reduktion des Muskelschadens nach Ballondilatation.

FX06 wurde schließlich an ein US-Biotech-Unternehmen auslizensiert. Unter anderem die Finanzkrise ab 2008 zerstörte aber alle Pläne. Schließlich kamen die Rechte an der Substanz wieder zurück nach Wien. 2014 erlebte die Substanz im Rahmen von individuellen Heilversuchen bei Ebola-Patienten eine Renaissance, erste Ergebnisse wurden damals in der Medizin-Fachzeitschrift "The Lancet" publiziert.

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