Wissen/Gesundheit

Coronavirus: Erster Studienteilnehmer soll Impfstoff erhalten

Der erste Teilnehmer an einer Impfstoffstudie gegen das neue Coronavirus soll heute, Montag, eine erste - experimentelle - Dosis bekommen. Das hat ein US-Regierungsbeamter anonym gegenüber der Agentur Associated Press gesagt. Die Studie findet an einem Forschungsinstitut in Seattle (Kaiser Permanente Washington Health Research Institute) statt.

Finanziert wird sie aus öffentlichen US-Mitteln. Eine öffentliche Bestätigung gibt es allerdings noch nicht. Von einer Zulassung ist dieses Präparat - wie auch alle anderen - noch weit entfernt: Experten rechnen von einem Jahr bis 18 Monaten, ehe man die tatsächliche Effektivität eines Impfstoffes bewerten kann.

45 junge, gesunde Freiwillige sollen unterschiedliche Dosen des Impfstoffs erhalten. Eine Infektion mit dem Virus ist dabei ausgeschlossen: Die Patienten bekommen kein abgeschwächtes Virus injiziert und auch keine Eiweißbestandteile des Virus, die dann das Immunsystem erkennt und darauf reagiert. Der Impfstoff besteht aus synthetisch hergestellten Teilen des Virus-Erbgutes: Sie haben das Ziel, dass der Körper dadurch aktiviert wird, selbst jene Proteine zu produzieren, die das Virus nützt, um in Körperzellen einzudringen.

Der Organismus soll diese Proteine erkennen, Abwehrstoffe bilden - und mit ihnen dann im Falle einer Infektion diese wirkungsvoll bekämpfen.

"Ungewöhnlich"

Auch andere Firmen wollen demnächst bereits erste Studien mit Menschen durchführen. "Das ist sehr ungewöhnlich", sagte etwa Akiko Iwasaki, ein Mikrobiologe der Yale University, im US-Gesundheitsnachrichtendienst Stat News. Denn normalerweise werden neue Medikamente zuerst an Tieren erprobt. "Es zeigt die Dringlichkeit der Impfstoffentwicklung derzeit, um die aktuelle Pandemie zu bekämpfen."

Für Mark Feinberg, Präsident der Internationalen AIDS Impfstoff Initiative und einer der führenden Experten bei der Entwicklung eines Impfstoffes gegen Ebola, ist ein rascheres Vorgehen außerhalb bisheriger Regulative gerechtfertigt: "Traditionell dauert die Entwicklung eines neuen Impfstoffes 15 bis 20 Jahre. Das ist hier nicht vertretbar. Wir müssen neue Wege suchen." Und eine Impfstoffentwicklung in ein- bis eineinhalb Jahren ist mit den bisherigen Vorgaben nicht durchführbar. Deshalb hält er es für gerechtfertigt, mit Tests an Menschen zu beginnen, bevor Tierversuche abgeschlossen sind. "Ich glaube, das ist die einzige Option, die wir haben."

Mit Tierstudien gibt es auch ein spezielles Problem in diesem  Fall: "Noch gelang es keinem Forscherteam, Mäuse zu züchten, die man mit der Lungenkrankheit infizieren kann", schrieb Der Spiegel. Sicherheitsstudien an Tieren sollen deshalb parallel zu den ersten Tests an Menschen durchgeführt werden.

Kritische Stimmen

Doch es gibt auch kritische Stimmen, die davor warnen, dass die Risikken größer als die Vorteile sein könnten. "Solche Ausbrüche und nationalen Notstände schaffen oft Druck, Gesetze, Richtlinien und allgemeine ethische Vorgaben außer Kraft zusetzen", schrieb Jonathan Kimmelman, Direktor der Abteilung für Bioethik an der MCGill University, an Stat News. "Im Nachhinein haben sich solche Entscheidungen oft als nicht weise herausgestellt."

39 Projekte

Derzeit gibt es laut dem deutschen Verband der forschenden Pharmaunternehmen mindestens 39 Impfstoffprojekte. Die Weltgesundheitsorganisation zählt derzeit 35. Dazu kommen zwei bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO) noch nicht  verzeichnete Projekte des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF), ein Projekt unter der Leitung des schwedischen Karolinska-Instituts und auch ein weiteres Projekt in Israel.

Aufregung um deutsche Firma

Aufregung gab es zuletzt um ein Impfstoffprojekt der Tübinger Firma CureVac gemeinsam mit dem deutschen Paul-Ehrlich-Institut. Nach Informationen der Welt am Sonntag soll US-Präsident Donald Trump versuchen, sich exklusiv einen Corona-Impfstoff zu sichern, an dem CureVac derzeit arbeitet.

Dieses Ansinnen kommt allerdings für den Geschäftsführer Christoff Hettich nicht in Frage: "Wir wollen einen Impfstoff für die ganze Welt entwickeln und nicht für einzelne Staaten", sagte er der Zeitung Mannheimer Morgen. Übrigens: Auch der SAP-Mitbegründer und Mäzen Dietmar Hopp gehört zu den Gründern und Geschäftsführern. Er ist Sponsor des deutschen Fußballklubs TSG Hoffenheim und wurde zuletzt von einzelnen Fangruppen massiv angegriffen.

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