Früherkennung: Eierstockkrebs mit Spülung erkennbar
von ingrid teuflEs ist ein Hoffnungsschimmer, dass Eierstockkrebs in einiger Zeit schon viel früher als bisher diagnostiziert werden kann: Forschern der MedUni Wien gelang es in Zusammenarbeit mit einigen europäischen Zentren, Tumorzellen im Eileiter mithilfe einer speziellen Gebärmutterspülung festzustellen. In der im renommierten Fachmagazin Journal of Clinical Oncology veröffentlichten Studie konnte gezeigt werden, dass die Tumorzellen bei Vorliegen von Eierstockkrebs in 80 Prozent bereits in dieser Spülflüssigkeit vorhanden waren.
Das ist insofern bemerkenswert, als bei Tumoren in den weiblichen Eierstöcken bisher keine Früherkennung oder Vorsorge möglich war. Der Krebs zeigt sehr lange keine Symptome. Das ist fatal, denn: „75 Prozent aller Eierstockkarzinome werden erst in einer späteren Phase entdeckt“, sagt Univ.-Prof. Paul Speiser von der Frauenklinik an der MedUni Wien.
Gemeinsam mit Kollegen von der Arbeitsgruppe „Molekulare Onkologie“ entwickelte er einen speziellen Katheter, der in die Gebärmutter der Patientin eingeführt wird. „Das funktioniert ähnlich wie beim Einsetzen einer Spirale.“ Dieser sogenannte „Dreiwege-Katheter“ verfügt über drei Kanäle. Durch zwei davon wird eine Lösung in die Gebärmutter hinein- und wieder herausgespült. Der dritte Kanal dient der Fixierung. Er verhindert, dass die Flüssigkeit in den Bauchraum abfließt.
Komplexe Gen-Analyse
Danach wird mit Unterstützung des sogenannten „Next Generation Sequencing“ in der Lösung gezielt nach Spuren von Tumorzellen gesucht. „Das ist eine äußerst sensible Methode, um genetische Schäden zu finden“, erklärt Speiser. Konkret ging es in der Studie um den Genbestandteil P53, der auch als „Wächter des Genoms“ bekannt ist. Seine Rolle: „Weit über 90 Prozent von Eierstockkrebs haben einen Schaden in diesem Gen.“ Was den Forschern bei dieser sehr komplexen Analyse hilft: Sie wissen, wonach sie suchen. Speiser: „Im Gegensatz zu anderen mutierten Genen findet man P53 nur in bösartigen Veränderungen. Keine gutartige hat diesen P53-Schaden.“
Dieses innovative, von der MedUni angestoßene Untersuchungskonzept hat in vielen Ländern Aufsehen erregt. Europäische Zentren u. a. in London, Dublin, Mailand, Berlin oder Leuven arbeiteten daran mit. Derzeit laufen bereits weiterführende Studien mit der John’s Hopkins University in Baltimore (USA). Ziel sei es letztendlich, ein einfaches Verfahren, „das in jeder gynäkologischen Praxis und jeder Spitalsambulanz machbar ist“, zu entwickeln.
Neben der Früherkennung von Eierstockkrebs wird auch die Identifizierung von Krebs-Vorstufen untersucht. Denn ähnlich wie Gebärmutterhalskrebs beginnt Eierstockkrebs in Form von Gewebsveränderungen, die zuerst im Eileiter entstehen. Diese siedeln sich dann im Eierstock an und erst daraus entwickeln sich die Krebszellen.
Krebs-Vorstufen finden
Die Katheter-Methode könnte eine ähnliche Funktion wie der PAP-Abstrich zur Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs einnehmen, glaubt Speiser. „Es könnte so etwas werden wie ein Eierstock-PAP-Test.“ Auf diese Möglichkeit deuten Ergebnisse aus der aktuellen Studie hin. Konkrete sind aber erst in etwa eineinhalb Jahren zu erwarten. „Bei einer Probandin, die sich die Eierstöcke vorsorglich entfernen lassen wollte, haben wir mit der Spülung Tumorzellen gefunden, die noch mit keiner anderen Methode sichtbar waren.“
Besonders profitieren könnten übrigens Frauen, die wie Angelina Jolie ein genetisch bedingtes, hohes Risiko für Brust- und Eierstockkrebs haben. „Viele dieser Frauen lassen sich prophylaktisch die Eierstöcke entfernen.“ Mit dieser neuen Untersuchungsmethode sei etwa stattdessen auch ein engmaschiges Betreuungskonzept denkbar.