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Ein fitter Körper für einen fitten Geist

Einfache Bewegungen wie Rückwärtsgehen und Purzelbaumschlagen sind für viele Kinder nicht mehr selbstverständlich. Zum einen steigt die Zahl der Übergewichtigen, zum anderen fehlen Kindern oft die Vorbilder und der Raum, um ihren Bewegungsdrang auszuleben.

Klaus Vavrik von der Österr. Liga für Kinder- und Jugendgesundheit will die gesellschaftliche Entwicklungen hin zur steigenden TV- und Internet-Nutzung nicht verteufeln – angesichts der aktuellen Initiative zur täglichen Turnstunde meint er aber: "Es ist zynisch, wenn man den Bewegungsdrang der Kinder im alltäglichen Leben ständig einengt und auf der anderen Seite versucht, mehr Aktivität zu verordnen."

 

Natürliche Entwicklung

Für Prof. Hans Holdhaus, den Direktor des Instituts für medizinische und sportwissenschaftliche Beratung (IMSB), beginnt das Problem schon bei den Eltern: "Sie müssen ihren Kindern wieder mehr Vertrauen schenken und Freiheiten geben. Oft schließen sie von ihrer eigenen Unfähigkeit auf die Kinder." Dabei könne sich ein Kind durch einen natürlichen Schutzmechanismus selbst nie überlasten. "Wenn es müde ist, macht es von sich aus eine Pause."

Auch bedenklich: Der Mobilitätskreis – also der Weg, den wir aus eigener Kraft zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen – hat sich laut Vavrik in den vergangenen 50 Jahren von 25 Kilometer auf 2,5 verringert. "Es ist spannend, dass gerade jetzt die Zahl der Kinder mit Hyperaktivitätssyndrom steigt." Wenn Eltern Angst haben, ihre Kinder mit dem Fahrrad in die Schule fahren zu lassen, müsse man das städtebaulich bedenken. "Doch Eltern müssen ihren Kindern auch selbst vorleben, dass sie lieber Stiegen steigen, statt den Lift zu verwenden."

Eine aktuelle WHO-Studie hat für Österreich gezeigt, dass sich Mädchen mit zunehmendem Alter deutlich weniger bewegen als Burschen. Die Salzburger Sportwissenschaftlerin Prof. Susanne Ring-Dimitriou erklärt dazu: "Mädchen definieren sich mehr über Mode und Ernährung, Burschen über Sport. Der Anteil der Übergewichtigen ist bei den Mädchen auch leider höher."

Bei der geforderten täglichen Stunde Sport gehe es nicht darum, jeden Tag eine Stunde Sport zu verordnen, man solle versuchen, die Sitzzeiten zu verkürzen, sind sich die Experten einig. Vavrik: "Man müsste auch die Inhalte im Turnunterricht modernisieren. Es ist kein Wunder, wenn Mädchen keine Lust haben, immer nur Volleyball zu spielen. Es gibt von Hip-Hop-Dance bis Yoga viele andere Angebote."

Die positiven Aspekte für aktive Kinder sind jedenfalls erwiesen: Nicht nur die Muskeln arbeiten besser, auch die grauen Zellen. Sport fördert außerdem soziale und emotionale Kompetenzen.

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