E-Zigarette: Welches Urteil Experten fällen
Jugendliche, die E-Zigaretten verwenden, fangen eher mit dem Rauchen klassischer Zigaretten an. Andererseits sind sie für erwachsene Raucher eine Hilfe beim Aufhören: Das sind zwei Ergebnisse eines Berichts im Auftrag der US-Akademie der Wissenschaften. Dafür wurden die Daten von mehr als 800 Studien ausgewertet. Und auch wenn E-Zigaretten nicht ohne Gesundheitsrisiken sind, sind ihre schädlichen Auswirkungen auf den Körper wahrscheinlich geringer als jene von konventionellen Zigaretten, ergab der Report.
"E-Zigaretten kann man nicht vereinfachend als entweder nützlich oder schädlich bezeichnen", sagt David Eaton von der University of Washington. "In einigen Fällen – etwa bei Jugendlichen, die sonst keine Zigaretten rauchen – sind die negativen Effekte besorgniserregend. Bei Erwachsenen hingegen, die mit dem Rauchen aufhören wollen, bietet die E-Zigarette eine Möglichkeit, Folgeschäden zu reduzieren."
"Kleineres Übel"
Bei der E-Zigarette wird eine Flüssigkeit (das Liquid) zum Verdampfen gebracht. Es findet kein Verbrennungsprozess statt. "Im Vergleich zu einer herkömmlichen Zigarette sind E-Zigaretten das kleinere Übel, weil die bei der Verbrennung entstehenden Rauchinhaltsstoffe wegfallen", sagt der Lungenfacharzt Prim. Bernd Lamprecht, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie. Viele E-Zigaretten enthalten Nikotin: "Eine langfristige Nikotinzufuhr ist aber wegen der gefäßverengenden Wirkung ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gleichzeitig sind auch die Langzeitauswirkungen der Aromastoffe unbekannt." Wer absolut nicht mit dem Rauchen aufhören könne, für den sei die E-Zigarette "im Sinne einer Risikoreduktion" empfehlenswert: "Aber letztlich führt sie zu keiner Verhaltensänderung. Niemand würde sich lebenslang Nikotinpflaster auf die Haut kleben." Und auch Lamprecht sieht E-Zigaretten als "reale Gefahr" für Jugendliche.
"Zurückhaltend"
Die Psychologin Sophie Meingassner ist fachliche Leiterin des Rauchfrei-Telefons (0800 810 013): "Die Tabakindustrie verursacht das Problem der Tabakabhängigkeit und bietet nun mit den E-Zigaretten di e Lösung an. Daher sind wir in der Beratung mit der Empfehlung von E-Zigaretten sehr zurückhaltend, auch wenn wir immer wieder vereinzelt von Personen hören, dass die E-Zigarette beim Rauchstopp geholfen hat." Langfristige Studien zur Wirksamkeit als Entwöhnungshilfe gebe es keine. "Und das Thema der Attraktivität für Jugendliche sehen wir auch bedenklich."
Beide sehen eine weitere problematische Entwicklung: "Viele Raucher nutzen E-Zigaretten zusätzlich – haben also eine doppelte Gesundheitsgefährdung."
Beim Rauchertelefon setzt man jedenfalls auf andere Mittel als E-Zigaretten: "Da andere Entwöhnmaßnahmen wie verhaltenstherapeutische Interventionen und Nikotinersatzprodukte wirksam und unbedenklich sind, nutzen bzw. empfehlen wir diese in unserer Beratung."