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Auch zu wenig Salz ist schädlich für das Herz

Die Menge des Salzkonsums ist einer der beeinflussenden Faktoren für den Blutdruck. Bekannt ist: Hochdruckpatienten können ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen positiv beeinflussen, wenn sie sich beim Salzkonsum zurückhalten. Für Menschen ohne Bluthochdruck gilt das jedoch nicht.

Das hat eine neue Studie ergeben, die im "Lancet" erschienen ist. Das Risiko von Menschen ohne Hypertonie für Herzinfarkt und Schlaganfall steigt demnach nicht mit hohem Salzkonsum, sondern eher mit zu wenig Salz pro Tag. Darauf verwies jetzt die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) mit Berufung auf die Metaanalyse, bei der die Daten von zahlreichen Studien zu diesem Thema zusammengefasst und noch einmal ausgewertet wurden.

Höchstens sechs Gramm pro Tag

Täglich höchstens sechs Gramm Kochsalz empfiehlt beispielsweise die Deutsche Gesellschaft für Ernährung Erwachsenen. Der Durchschnitt der Bevölkerung in Ländern wie Österreich oder Deutschland liegt deutlich darüber. In Österreich dürfte jeder zweite um die zehn Gramm Salz pro Tag zu sich nehmen. Dass viel Kochsalz den Blutdruck erhöht und damit Organe und Gefäße schädigt, haben in der Vergangenheit zahlreiche Untersuchungen nahegelegt.

Helmut Schatz vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) sagte dazu: "Das im Kochsalz enthaltene Natrium bindet Wasser und erhöht damit das Blutvolumen. Der Druck in den Gefäßen wird höher und damit auch der Blutdruck, so eine vereinfachte Erklärung eines komplexen Vorgangs". Doch so simpel sei die Angelegenheit nicht. "Heute weiß man, dass Bluthochdruck viele Ursachen hat. Bluthochdruck einfach mit viel Natrium gleichzusetzen, trifft nicht zu. Lange Zeit galt in Bezug auf Salz die Devise 'je weniger, desto besser'. "Das müssen wir nach den Ergebnissen der Lancet-Studie nun differenzierter betrachten", wurde der Endokrinologe in einer Aussendung der DGE zitiert.

Studien aus 49 Ländern

Die Forscher um Andrew Mente von der McMaster University in Hamilton in Kanada verglichen in einer Metaanalyse von vier großen Studien mit insgesamt 135.000 Menschen aus 49 Ländern die tägliche Urinausscheidung von Natrium und Herz-Kreislauf-Ereignisse sowie Gesamttodesfälle. An der Natriumausscheidung im Harn kann man die Aufnahme von Kochsalz beurteilen; dieses besteht nämlich aus Natrium und Chlor (NaCl), wobei fünf Gramm Kochsalz etwa 2,3 Gramm Natrium entsprechen.

Mente und seine Mitarbeiter unterschieden in ihrer Metaanalyse zwischen Menschen mit und ohne Bluthochdruck. Bei Hochdruckpatienten stieg die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Zwischenfällen erwartungsgemäß bei einer Natriumaufnahme, die über vier bis fünf Gramm pro Tag hinausging. Dies war bei Menschen mit normalem Blutdruck jedoch nicht der Fall. Bei einer Zufuhr von Natrium unter drei Gramm pro Tag wurden Herz-Kreislauf-Ereignisse und Gesamttodesfälle hingegen sowohl bei Menschen mit als auch ohne Bluthochdruck erhöht.

Schon frühere Studien gegen das Salz-Dogma

Es ist nicht die erste Arbeit, die das Salz-Dogma infrage stellt: Bereits 2011 zeigte eine europäische Populationsstudie, dass bei niedrigem Salzkonsum eine erhöhte Sterblichkeit durch Herzerkrankungen besteht, allerdings war es ein relativ kleine Studie mit nur etwa 3.700 Teilnehmern.

Für Matthias Weber, DGE-Mediensprecher von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, haben diese Erkenntnisse durchaus einen gesundheitspolitischen Einfluss. "Die Lancet-Arbeit zeigt uns, zu wenig Salz - unabhängig davon ob der Mensch einen erhöhten oder einen normalen Blutdruck hat - sollte man auch nicht zu sich nehmen. Aber das Problem stellt sich angesichts der Produktionsbedingungen und Ernährungsgewohnheiten in Deutschland nicht", meinte er.

Fertiggerichte, Brot, Wurst, Käse und Milchprodukte enthalten alle reichlich Kochsalz. Weber sagte: "Bluthochdruckpatienten sollten nach wie vor Salz meiden oder nur sparsam verwenden. Dies gilt auch für Patienten mit Herzinsuffizienz. Menschen mit normalem Blutdruck müssen weniger auf Ihren Salzkonsum achten."