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Angelina Jolie: ein Vorbild?

Ihre Mutter, ihre Großmutter und ihre Tante sind an Krebs gestorben – ein Risiko, mit dem Angelina Jolie nicht leben wollte. Vor zwei Jahren entschied sie sich deshalb zu einem radikalen Schritt und ließ sich beide Brüste abnehmen.

Durch die Operation sank die Wahrscheinlichkeit, an Brustkrebs zu erkranken, für die 39-Jährige von 87 auf etwa 4 Prozent. Jedoch bestand – aufgrund eines veränderten Gens, das Jolie in sich trägt – immer noch ein 53-prozentiges Risiko, Eierstockkrebs zu bekommen. Jetzt ließ sich Jolie auch ihre Eierstöcke und Eileiter entfernen – und ging, wie schon im Mai 2013, mit ihrem Entschluss an die Öffentlichkeit. Sie habe diesen Schritt schon längere Zeit geplant, schreibt die Schauspielerin und Regisseurin in einem Beitrag für die New York Times, der am Dienstag veröffentlicht wurde.

Ein Routine-Bluttest habe Anzeichen für Krebs im Frühstadium aufgewiesen. Der Krebstest war negativ, auf Anraten der Mediziner entschied sich die Ehefrau von Brad Pitt trotzdem für den vorsorglichen Eingriff. "Meine Ärzte haben mir nahegelegt, dass ich mindestens zehn Jahre, bevor der Krebs bei meinen Verwandten entdeckt wurde, eine präventive Operation haben sollte. Der Eierstockkrebs meiner Mutter wurde diagnostiziert, als sie 49 war. Ich bin 39", so die sechsfache Mutter.

Verfrühte Menopause

Etwa die Hälfte der Österreicherinnen mit dem mutierten Brustkrebsgen lässt sich die Eierstöcke vorsorglich entfernen, die meisten vor ihrem 40. Geburtstag, sagt Univ.-Prof. Christian Singer, Leiter des Brustgesundheitszentrums der MedUni Wien / AKH Wien. "Ab diesem Alter steigt das Risiko eines Ovarialkarzinoms massiv an." Die Entscheidung sei eine ganz persönliche, die jede Frau für sich treffen müsse, betont Singer. "Wir dürfen das niemandem empfehlen oder davon abraten." Jolies Entschluss hält der Gynäkologe für "vernünftig": "Man kann das Risiko nicht ganz nullifizieren, aber die Wahrscheinlichkeit wird sehr viel geringer. Deshalb nehmen immer mehr Frauen diese Möglichkeit wahr."

Der Eingriff selbst sei unkompliziert, die Nebenwirkungen aber nicht zu unterschätzen, erklärt Singer. Dessen ist sich auch Jolie bewusst: "Ich werde keine weiteren Kinder bekommen können und körperliche Veränderungen durchmachen." Unter anderem setzt eine verfrühte Menopause ein, die mit einer Hormonersatztherapie oder alternativ behandelt werden kann.

Ähnlich wie vor zwei Jahren – nach Jolies Bekenntnis zur vorsorglichen Brustentfernung haben sich die Anfragen am AKH verfünffacht – rechnet Singer auch dieses Mal mit steigendem Interesse. "Die Awareness wird sicher steigen, und das ist gut so. Angelina Jolie ist ein Rolemodel." Die Film-Ikone weiß, dass ein Restrisiko, an Krebs zu erkranken, bleibt. Jetzt weiß sie aber auch: "Meine Kinder werden nie sagen: Mama ist an Eierstockkrebs gestorben."

Mitarbeit: Daniela Davidovits

www.brustgenberatung.at

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Ein Organ entfernen zu lassen, obwohl es (noch) nicht erkrankt ist – diese Entscheidung ist nicht einfach. Auch wenn die betroffene Frau eine Genmutation besitzt. Die klinische Psychologin Romana Renz betreut an der Uni-Frauenklinik im AKH Wien Frauen im Zuge einer genetischen Beratung psychologisch. Und erlebt dabei die gesamte Bandbreite an Emotionen.

Manche, die bereits an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt sind, haben endlich eine Erklärung für ihre Erkrankung. Für andere, die früher einen positiven Befund erhalten, kann das Wissen um ein erhöhtes Krebsrisiko auch belastend sein. "Generell ist aber meist eine neue Klarheit bei den Frauen bemerkbar. Im Sinne von: ‚Ich kann jetzt etwas tun.‘" Für eine Eierstockentfernung infrage kommen aber nur Frauen, deren Kinderwunsch bereits abgeschlossen ist.

Ihre Aufgabe sieht die Psychologin in der Begleitung ihrer Klientinnen. "Es geht darum, die Frauen so zu unterstützen, dass sie die für sie persönlich richtige Entscheidung treffen." Das beginne lange bevor ein möglicherweise positives Ergebnis des Bluttests vorliegt. "Wir beraten im Team mit einem Facharzt intensiv und ausführlich, damit sich die Frau schon im Vorfeld genau mit allen Möglichkeiten auseinandersetzen kann."