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Abwaschen vor dem Abknutschen

Der gute Tipp zuerst: Wenn ein Plastik-Spielzeug in Kinderhände kommt, ist die Ausgasung giftiger Stoffe noch nicht abgeschlossen. Typischerweise stinkt das Spielzeug nach Chemie. Zwei Lösungsvorschläge: Erstens, das Plastikspielzeug bei 30 Grad im Stoffsack in der Waschmaschine waschen, womit man 65 Prozent aller Schadstoffe erwischt. Zweitens, intensiv riechendes Spielzeug an die frische Luft stellen, das kann bis zu 20 Prozent der Schadstoffe eliminieren.

Die Abbauprozesse am Spielzeug finden also statt, wenn das Spielzeug frisch ausgepackt dem Kind überlassen wird. Umweltmediziner Hans-Peter Hutter: „Dann wird das Spielzeug noch am meisten abgeknutscht. Wenn es fünf Tage später nicht mehr riecht und in der Ecke liegt, dann ist der Großteil schon ausgegast.“

Kinderspielzeug aus Plastik enthält oft Stoffe, die Umweltmedizinern Schweißperlen auf die Stirn treiben: Blei, Cadmium, Thallium, Nickel, Selen und Arsen etwa in Farben und Lacken, Pestizidrückstände, Kunststoffweichmacher, Klebstoffe und Additive, teils in erheblichen Mengen. „Es geht nicht um irgendwelche Stoffe, da sind auch krebserregende Stoffe wie Benzol dabei, die in Kinderhänden nichts verloren haben – und schon gar nicht in den Mündern von Kindern“, sagt Hutter.

In der Pflicht stünden die Hersteller außerhalb Europas bzw. die Politik, die sich auf ein weltweites Verbot bestimmter Schadstoffe im Spielzeug einigen müsste. „Kinderspielzeug ist nur ein Beispiel von vielen, dass in bestimmten Ländern unter unglaublich fahrlässigen Umständen produziert wird. Und diese Erzeugnisse überschwemmen dann den europäischen Markt. Das ist sicher nicht okay. Und sie müssen sich vorstellen, wie es denen geht, die das Spielzeug herstellen. Deren Leid wird durch den Verkauf vergrößert.“

Sondermüll Spielzeug

Der Deutsche Michael Braungart ist Leiter des Hamburger Umweltinstituts und teilt die Kritik: „Spielsachen in unseren Geschäften kommen oft aus China oder Malaysia, sind zum Teil giftig und bestenfalls Sondermüll“, sagt der Umweltschützer und Mitbegründer von Greenpeace Österreich. „Hundespielzeug ist oft weniger schadstoffbelastet als Kinderspielzeug.“

An sich ist Braungart nicht Umweltschützer mit erhobenem Zeigefinger. In einem KURIER-Interview witzelte er einmal darüber, mit wie viel Hingabe die Italiener ihren Müll aus dem Auto werfen. „Es ist halt nur das falsche Material, das da im Graben landet.“

Braungart will Umweltschutz positiv verkaufen. „Wir haben jetzt 30 Jahre Weltuntergangsdiskussion hinter uns.“ Aber es gebe eben Plastik und Plastik. „Playmobil hat eine um den Faktor 100 geringere Schadstoffbelastung als andere Anbieter. Mattel ist führend bei Giftstoffen.“ Besonders schlecht schneide das Produkt Polly Pocket ab, das durch das Recycling-Verfahren eher noch schlechter geworden ist.

Verbot gefordert

Der Nachweis der Gefährdung mithilfe von epidemiologischen Studien wird schwer zu führen sein. Hutter erläutert: „Dass ein Kind nach dem Spielen einen Ausschlag oder akute Beschwerden bekommt, ist nach wie vor sehr unwahrscheinlich.“ Die Wirkungen der Stoffe seien aber bekannt.

Politisch wird das Thema vom Team Stronach aufgegriffen. Dessen Umweltsprecherin Ulla Weigerstorfer fordert bis 2018 ein generelles Verbot von Chemikalien, die sich im Menschen absetzen, und danach etwa in der Muttermilch nachweisbar sind, und speziell ein Verbot von Giftstoffen in Kinderspielzeug.

... die Geschichte von Plastik vor 250 Millionen Jahren begann? Damals bedeckten die Weltmeere weite Teile der Kontinente. Den Meeresboden überzog ein Faulschlamm aus totem Meeresplankton. Dieses organische Material wandelte sich in verschiedene Kohlenwasserstoffe, aus denen Erdöl besteht.

... Erdöl der wichtigste Rohstoff aller Kunststoffe ist?

... die Plastikproduktion weltweit um 9 Prozent pro Jahr wächst? Wurden 1950 1,5 Millionen Tonnen produziert, waren es 2009 230 Millionen Tonnen.

... die Plastiksuppe im Mittelmeer ihre Gesundheit gefährdet? Zahnbürsten, Einwegrasierer, Feuerzeuge, in Milliarden winzige Teilchen zermörsert, treiben im Meer und sammeln sich an den Küsten. Und am Ende landen sie im Fisch auf unseren Tellern.

... das Hamburger Umweltinstitut in Spielzeug 600 Chemikalien gefunden hat?

... der Weltmarktführer für Kinderspielzeug, Mattel, schon unter seit 22 Jahren unter die Lupe genommen wird? Fazit der Umweltschützer: Das Unternemen macht Spielzeug, das für Kinder ungeeignet ist.

... die frühere Umweltministerin Marilies Flemming (ÖVP) bereits 1989 die Gefahren der PVC-Produkte thematisierte?

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DieUmweltorganisation Global 2000hat im Rahmen ihres Kosmetik-Checks 33 Markenparfüms bewertet: Anhand der Deklaration der Inhaltsstoffe hat sie die Produkte auf hormonell wirksame Chemikalien und vergällten Alkohol untersucht. Erstere könnten u. a. die Spermienzahl reduzieren oder das Krebsrisiko erhöhen, auch der vergällte Alkohol beeinflusst das Hormonsystem. Nur fünf Produkte wurden nicht beanstandet: No.5, Coco und Allure Homme Sport von Chanel sowie Shalimar von Guerlain und Code Sport von Armani.

Wie groß die Auswirkungen für den Menschen sind, lässt sich nicht endgültig bewerten. Laut Global 2000 wurden bei Ratten negative Gesundheitseffekte schon bei Mengen festgestellt, die allein durch den Gebrauch von Kosmetika zustande kamen.

Keine direkte Gefahr für Menschen, aber für die Umwelt sind Chemikalien, die laut Greenpeace-Test Outdoor-Jacken ausdünsten. Über Wasser und Lebensmittel können sie vom Menschen aufgenommen werden.