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Hilfe für 43.000 pflegende Jugendliche dringend nötig

Die Zahl ist kaum bekannt, erfordert aber dringend ein Augenmerk: In Österreich pflegen rund 43.000 Kinder und Jugendliche Familienangehörige. Diese „Young Carers“ sind wegen der oft sensiblen Familienverhälnisse kaum erreichbare Gruppe. Überwiegend seien es Mädchen, erklärte Sozialminister Rudolf Hundstorfer und kündigt - wie schon vor zwei Jahren - eine Informationskampagne und Unterstützungsmaßnahmen an, vor allem an Schulen. Insgesamt werden in Österreich von den 454.000 Pflegegeldbeziehern knapp 80 Prozent von Angehörigen betreut.

Mit dem Thema Pflege betraute Experten wissen, was zu tun wäre: Martin Nagl-Cupal, stellvertretender Vorstand des Instituts für Pflegewissenschaft an der Universität Wien, bringt als Vorbild für Maßnahmen und den Umgang mit „Joung Carers“ Großbritannien ins Spiel. Informationen an Schulen seien gut, die Menge pflegender Kinder und Jugendliche über Hausärzte zu erfassen, noch besser. Hundstorfer stimmt zu, dass die praktischen Ärzte für das Thema sensibilisiert werden und Anlaufstelle sein sollen. Eine Meldepflicht pflegender Minderjähriger durch Hausärzte lehnt er vorerst ab.

Reine Information geht für Caritas-Präsident Michael Landau nicht weit genug: „Das Thema an Schulen zu plakatieren, wird nicht genügen. Wir brauchen ein echtes Maßnahmenpaket, das pflegende Angehörige entlastet. Gerade dann, wenn es um Kinder und Jugendliche geht.“

Jugendcamp bis Pflegekurs

Zustimmung zur Offensive kommt auch von anderen Organisationen im Bereich Sozialdienst: Die Johanniter liegen auf der Linie des Ministers, begrüßen Hilfsangebote für pflegende Teenager, raten von der Umsetzung einer Meldepflicht aber dringend ab. Mit der Website www.superhands.at haben die Johannitervor zwei Jahren erstes niederschwelliges Angebot für pflegende Minderjährige geschaffen. Bekanntmachung und finanzielle Unterstützung solcher bestehender Hilfsangebote seien auch die besten Maßnahmen, betont Anneliese Gottwald, Projektinitiatorin von superhands. Denn oft wollen diese "Young Carers" anonym blieben.

Ähnlich argumentiert Pflegeexpertin Monika Wild vom Österreichischen Roten Kreuz: "Man muss diese Kinder und Jugendlichen erst einmal erreichen. Eine Sensibilisierung für das Thema ist ein notwendiger erster Schritt." Beratung könne man über Schulen und professionelle Pflegekräfte im Krankenhaus und in der mobilen Pflege anbieten. Im Sommer veranstaltet das Österreichische Jugendrotkreuz (Infos aufwww.jugendrotkreuz.at/youngcarers) bereits zum vierten Mal das Juniorcamp, ein Feriencamp für Betroffene im Alter von zehn bis 14 Jahren, die vor allem Spaß und Austausch mit anderen betroffenen Kindern und Jugendlichen haben sollen, bei Bedarf wird das Angebot durch Einzel- und Gruppentherapiestunden ergänzt. Außerdem bietet das Jugendrotkreuz seit 2012 den16-stündigen Pflegefit-Kurs in Schulen an - bis jetzt von rund 4500 Jugendlichen absolviert.

Kinder sind keine Pflegekräfte

Deutliche Worte findet die Diakonie zum Thema: „Kinder sind keine Pflegekräfte“, betont Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie Österreich. „Die Ergebnisse bestätigen uns in unseren Forderungen - wir müssen mehr Dienste anbieten, um Kinder von diesen Aufgaben zu entlasten.“ Mehr Pflege- und Betreuungsdienstleistungen, vor allem mobile Dienste, um die "Young Carers" zu entlasten. Schenk fordert massiven Ausbau bei den nur "kontingentiert", also beschränkt vergebenen, Mobilpflegediensten: "Maximal drei Stunden am Tag - das ist in vielen Fällen zu wenig. Ein Investitionspaket könnte nicht nur Entlastung für die Kinder, sondern auch den ersehnten wirtschaftlichen Aufschwung befördern, denn in der Pflege werden regionale Arbeitsplätze geschaffen.“ Kinder und Jugendliche zu entlasten, sei das erste Ziel. "Denn sie müssen vor allem eines dürfen - unbeschwert Kind sein.“

Von Seiten der Politik plädiert auch die Sozialsprecherin der Grünen, Judith Schwentner, für Stärkung der Pflegedienste, während Herbert Kickl vond er FPÖ laut die Einführung einer Pflegelehre in Österreich fordert.