Wirtschaft

Zypern: Paradies der Oligarchen

Eine Briefkastenfirma in Zypern gefällig? „Kein Problem, wenn’s schnell gehen muss, schaffen wir das an einem Tag“, garantiert ein Wiener Steuerberater mit internationaler Klientel. Die Kollegenschaft vor Ort habe ausreichend Vorratsgesellschaften, „das geht dann ruck, zuck“. Wobei, mit jedem dürfe man sich nicht einlassen, „Sie brauchen schon die richtigen Leute, denen Sie vertrauen können“. Inklusive Service. Zum Briefkasten gibt’s bei Bedarf auch gleich die Infrastruktur: Den Geschäftsführer für die Holding samt Buchhaltung.

Der Mittelmeer-Staat gilt als Zufluchtsort der Steueroptimierer – für Gelder seriöser Herkunft genauso wie für illegal erworbene Vermögen, Stichwort Geldwäsche. Mehr als 40.000 Briefkastenfirmen sind registriert. Auch wenn Großanlegern nun fast ein Zehntel ihres im Inselstaat gebunkerten Geldes abgeknöpft wird, bleibt Zypern trotzdem eine der attraktivsten Steueroasen. Die Abgabe ist eine Kleinigkeit im Vergleich mit jenen Summen, die sich findige Investoren weiterhin an Steuern ersparen können.

Zwar wird die Körperschaftsteuer (Einkommensteuer der Kapitalgesellschaften) von zehn auf zwölf Prozent erhöht, international liegt Zypern damit aber immer noch am unteren Ende der Abgabenskala. Vermögenszuwachs bleibt bis auf wenige Ausnahmen steuerfrei. Die Mittelmeerinsel hat das günstigste Doppelbesteuerungsabkommen mit Russland und etlichen Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Obendrein trumpft Zypern im Wettbewerb der Steuerparadiese mit dem hoch geschätzten Vorteil der EU-Mitgliedschaft.

Die Oligarchen sind längst alle da. Sie kamen in den 90ern, zuvor hatten die Reichen aus Ex-Jugoslawien die Insel entdeckt. Nebst betuchten Briten, Amerikanern und Griechen. Der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) schätzt, dass russische Staatsbürger rund 26 Milliarden Dollar bei zypriotischen Banken deponiert haben, mehr als die Wirtschaftsleistung des Landes. Die Staatsbürgerschaft ist billig zu haben, laut BND haben sich 80 russische Oligarchen über Zypern die Niederlassungsfreiheit in der gesamten EU erkauft.

Mehr als 60 Milliarden Dollar sollen die Oligarchen im Vorjahr über die Drehscheibe Zypern aus Russland geschleust und weiter verteilt haben. Die Liste jener russischen Milliardäre, die auf der Insel der Aphrodite Offshore-Firmen halten, liest sich wie das Who’s who der Superreichen.

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Der Internet-KrösusAlischer Usmanow, derzeit mehr als 18 Milliarden Dollar schwer und der aller-reichste Mann Russlands, ist ebenso dort wieRoman Abramowitsch, Eigentümer des Londoner Fußballclubs Chelsea. In Zypern sitzt auch die Holding des StahlmagnatenWladimir Lissin (geschätzt auf 16 Milliarden Dollar). Weiters registriert: KonkurrentAlexej Mordaschow, Vermögen rund 15 Milliarden Dollar;Wladimir Potaninmachte 14,5 Milliarden mit Nickel;Wagit Alekperow(13,5 Milliarden), reich geworden im Ölgeschäft. Der Dünger-MilliardärDimitrij Rybolowlewist mit knapp zehn Prozent sogar größter Einzelaktionär der Bank of Cyprus.

Die Oligarchin Jelena Baturina, Ehefrau des wegen Korruption gefeuerten Moskauer Oberbürgermeisters Jurij Luschkow, soll Geschäfte über Zypern gemanagt haben. Die ehemalige Fabrikarbeiterin ging in Wien stiften (Beneco Privatstiftung) und besitzt in Kitzbühel eine eindrucksvolle Villa, den Golfplatz Eichenheim und die Nobelherberge „Grand Tirolia“.

Auch Martin Schlaff, Österreichs einziger Oligarch (profil) , weiß die Steuer-Vorteile in Nicosia zu nutzen – mit der Holdenhurst Limited. Über diese Gesellschaft liefen 1,8 Millionen Euro Beratungshonorare der Telekom für Unterstützung beim Erwerb des weißrussischen Mobilfunkanbieters MDC/Velcom. Die Telekom übernahm die Velcom dann über Schlaff, die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Gelder aus Zypern stecken im Immobilien-Imperium des Tirolers René Benko, der Teile der Wiener Innenstadt („Goldenes Quartier“) aufgekauft hat. Griechenlands reichster Reeder, George Economou, hält die Hälfte an Benkos Signa-Holding über die Globalbasis Ltd. in Nikosia.

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Der Ex-LobbyistPeter Hochegger, im Zentrum der Telekom-Skandale, registrierte in Zypern die Astropolis. Darüber liefen die rund zehn Millionen Euro Provision aus der Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog), der Großteil davon floss auf drei Konten in Liechtenstein weiter. Die ihm gehören, behauptetWalter Meischberger. Die Justiz vermutet jedoch Ex-FinanzministerKarl-Heinz Grasser und den ImmobilienmaklerErnst Plech hinter zwei der drei Konten. Grasser weiß jedenfalls die Diskretion der zypriotischen Banken und Behörden zu schätzen, in seinem Stiftungsgeflecht findet sich die Man-Angelus-Holdings Ltd. Darüber sollen Gelder der Meinl International Power geflossen sein.

Zypern steht zwar mittlerweile auf der Weißen Liste der OECD und hält sich formell an alle EU-Vereinbarungen zur Geldwäsche. Doch mit der Umsetzung hapert es, kritisieren Ermittler. Die EU lässt jetzt von unabhängiger Stelle prüfen.

Noch gut in Erinnerung ist das Zypern-Debakel der notverstaatlichten Kommunalkredit. Über die Tochter KIB in Limassol abgewickelte Wertpapiergeschäfte brachten die Bank an den Rand des Zusammenbruchs. Die hochgiftige KIB wurde in die „Bad Bank“ der Kommunalkredit fusioniert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach wie vor. Auch gegen SP-Ministerin Claudia Schmied, die damals im Vorstand saß.Beliebt war Zypern bei heimischen Banken, die im Ostgeschäft sind. Während die Bank Austria UniCredit heute jedoch keine Töchter mehr auf der Inselrepublik unterhält, hat die Raiffeisen Bank International über einige ihrer Töchter in Osteuropa „aus Konzernoptimierungsgründen Tochtergesellschaften in Zypern“. Genaueres will man dazu nicht verraten.

Derzeit sind rund 1000 Firmen österreichischer Provenienz in Zypern registriert. Nur zwei sind operativ tätig. Eine Tochter der EVN und der kreuzbiedere TÜV.

Der Haircut in Griechenland ließ viele noch kalt. Dass Großbanken oder Versicherer dabei auf gut 70 Prozent ihrer Forderungen gegenüber dem hoffnungslos überschuldeten Land verzichten mussten, konnte man noch wegstecken. Sollen sie doch geschoren werden, die Reichen, war der Tenor. Dass die Versicherer dann vielleicht weniger Zusatzpension auszahlen können, wollten viele gar nicht wahrnehmen.

Mit dem Zypern-Paket trifft die Eurozone jetzt aber einen Punkt, der wirklich schmerzt. Auch und vor allem in Österreich, dem Land der Sparbuch-Kultur. Dass man mit Wertpapieren verlieren kann, na gut, aber jetzt soll das sichere Sparbuch plötzlich nicht mehr sicher sein? Der – erzwungene – politische Wille soll reichen, all jene, die gespart haben, teilweise zu enteignen?

Die Alternative wäre eine Staatspleite Zyperns gewesen, die den Sparer in Form von höheren Steuern und Arbeitslosigkeit vermutlich noch viel mehr gekostet hätte. Trotzdem muss den EU- und Euro-Granden deutlich gesagt werden: Lasst doch die kleinen Sparer in Ruhe. Für sie muss dringend ein Freibetrag festgelegt werden. Es reicht doch, Geld von den Steuerhinterziehern zu nehmen, die vornehmlich aus dem Ausland kommen.