Wirtschaft

"Wir sind die Könige des Comebacks"

2016 ist kein gutes Jahr für Turkish Airlines, Partner in der Star Alliance und gleichzeitig erbitterter Konkurrent von Lufthansa/AUA. Der Terroranschlag auf dem Flughafen Istanbul und der Putschversuch setzten dem weltweit neuntgrößten Airline-Konzern empfindlich zu. Die Passagier-Prognose wurde von 72 auf 63 Millionen Fluggäste revidiert, in der Bilanz wird 2016 unterm Strich ein Minus stehen.

Auch wenn die Touristenscharen in Istanbul noch ausbleiben, langsam füllen sich die 330 Maschinen der teilstaatlichen (49 Prozent), börsenotierten Airline wieder. Turkish hat ein ähnliches Geschäftsmodell wie Emirates & Co. Passagiere aus Europa über den geografisch günstig gelegenen Hub Istanbul in andere Kontinente weiter befördern.

25 Prozent Minus

"Wir haben nach dem Putsch 20 bis 25 Prozent unserer Buchungen verloren. Aber wir werden weiter wachsen und ein Leader sein". Eine klare Botschaft, die Ilker Ayci (Bild), Chairman of the Board, am Freitag in Istanbul vor internationalen Journalisten verkündete. Eine Stunde zuvor war Ayci gemeinsam mit DO&CO-Chef Attila Dogudan aus New York gelandet, wo beide bei einem Essen von Präsident Recep Tayyip Erdogan für die türkisch-amerikanische Community dabei waren.

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Turkish hat eine Reihe neuer, attraktiver Langstrecken auf dem Radar. Die Orders für 18 neue Flugzeuge werden nicht storniert. Mit 294 Destinationen hat Turkish heute schon das weltweit größte Flugnetz. Das Durchschnittsalter der Maschinen beträgt 6,5 Jahre.

2018 soll der neue Mega-Airport in Istanbul plangemäß eröffnet werden. Mit einer Passagierkapazität von 250 Millionen, sechs Landebahnen, 24-Stunden-Betrieb und 550 Flugzeug-Parkflächen wird der Hub der weltweit größte Flughafen.

Der Airline-Boss ist überzeugt davon, dass die Türkei die aktuelle Krise rasch überwinden werde, und tönt selbstbewusst: "Wir sind die Könige des Comebacks." Auch nach der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 habe sich die türkische Wirtschaft sehr schnell erholt und zwei Jahre später Rekordwerte eingefahren. Während in Europa fünf bis sechs Millionen Jobs verloren gingen, "hat die Türkei vier Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen".

Qualität

Absolute Priorität hat für Ayci die Qualität für die Passagiere. Die Airline räumt seit Jahren Spitzenplätze bei internationalen Awards ab. Dabei setzt er auf DO&CO: "Wir werden bei der Qualität keinen Kompromiss machen. Attila Dogudan ist unvorstellbar wichtig für uns und das, was Magic Johnson für den Basketballsport war" ( Earvin "Magic" Johnson war einer der Top-Basketballer der USA). Mit der konsequenten Qualitätsstrategie will Turkish die Kunden an die Airline binden.

Ein großes Anliegen ist dem Airline-Boss die EU. Die Beitrittsverhandlungen, zuletzt negativ thematisiert von Bundeskanzler Christian Kern und Außenminister Sebastian Kurz, bezeichnet Ayci als "never ending love story. Ich befürchte, wir werden unser Leben lang mit der EU verhandeln". Der Airline-Boss bedauert, dass heute viele Staaten längst Mitglied der EU seien, obwohl die Türkei ihren Antrag viel früher gestellt habe, nämlich 1960. Seitdem versuche die Türkei, sich der EU anzupassen.

Der Putschversuch in der Türkei im Sommer hat den sonst gelassen wirkenden Turkish-Chef heftig emotionalisiert. In den Sitztaschen aller Flugzeuge findet sich eine aufwendige Broschüre, verfasst von der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu Agency. Begründung: "Unser Ziel ist nicht, Turkish Airlines zu politisieren. Wir wollen die Realität in unserem Land mit der öffentlichen Meinung teilen".

Turkish DO&CO: Täglich 200.000 Bordmenüs

Das Gemeinschaftsunternehmen von Turkish Airlines und dem heimischen börsenotierten Gourmetkonzern DO&CO catert am Flughafen Istanbul 60 Airlines, darunter Emirates, British Airways, KLM und Singapore. 65 Prozent des Umsatzes entfallen auf Turkish. 4000 Mitarbeiter sind für 200.000 Bordmenüs pro Tag verantwortlich. Täglich werden für 650 Flüge rund 5000 Trolleys mit Verpflegung direkt in die Flugzeuge geliefert. DO&CO betreibt in Istanbul auch die riesige, international oft ausgezeichnete Business-Class-Lounge von Turkish.

Der 2007 erstmals geschlossene Vertrag über das Joint Venture läuft Ende 2017 aus. Die Verhandlungen befinden sich in der Zielgeraden. Nach dem öffentlichen Lob für DO&CO von Turkish-Chairman Ayci (siehe Artikel links) dürfte einer langfristigen Verlängerung nichts im Wege stehen. Das gemeinsame Luxus-Hotel unmittelbar am Bosporus soll ab Beginn 2017 schrittweise eröffnet werden.

Für Attila Dogudan ist Turkish auf Grund der geografischen Lage und der Strategie die Airline „mit dem größten Potenzial für die Zukunft“. In keiner anderen Airline werde „soviel über Qualität und die Kunden geredet“.