„Wir sind auf Angriff gepolt“
In seinem Antrittsinterview spricht der neue Media-Saturn-Chef Florian Gietl über seine Pläne mit dem Elektrohandelsriesen, was er anders als sein Vorgänger Ditmar Krusenbaum machen wird und warum es statt der von Kritikern prophezeiten Pleite wieder bergauf geht.
KURIER: Kritiker haben Media-Saturn wegen der Expansion mit großen Standorten in Zeiten des Onlinehandels als Pleitekandidaten bezeichnet. Die Umsatz- und Gewinnentwicklung hat Ihrer Strategie aber recht gegeben. Wie das?
Florian Gietl: Wir haben uns angestrengt. Online waren wir später dran, dafür haben wir eine ausgezeichnete Verzahnung zwischen Online- und Offlinegeschäft geschafft. Wir haben viel investiert und die Läden auf Vordermann gebracht. Durch elektronische Preisschilder haben unsere Verkäufer mehr Zeit für die Kunden. Wir haben 2000 Mitarbeiter mit Tablets ausgestattet, wir haben eine gute Verfügbarkeit der Top-Artikel. Wir wachsen doppelt so stark wie der Markt, besonders online. Da sind wir heuer zweistellig und das dritte Jahr in Folge gewachsen. Stationär sind wir stabil unterwegs, online werden wir weiter wachsen.
Wie sieht die Onlinestrategie aus?
Wir sind stark im Multi-Channeling, also in der Verknüpfung der einzelnen Absatzkanäle. Die Hälfte aller Online-Bestellungen werden in den Märkten abgeholt. Man kann auch online kaufen und im Markt zahlen. Der Vorteil bei uns ist, dass man die Ware ausprobieren kann.
Aber das alleine wird für die Zukunft nicht reichen.
Nein, wir müssen die Digitalisierung vorantreiben, umfassende Hilfe bieten und neue Kooperationen eingehen. Wir bieten ab 2019 Produkte aus dem Finanzbereich mit der Bawag PSK an, und aus unseren Mobile Shops werden Red Bull Mobile Stores (in denen der Energy-Drink-Riese Handytarife anbietet). Wir veranstalten auch Wettbewerbe und Computerspiel-Events auf unseren Flächen, wie Fußballspiele oder Formel-1-Rennen. Wir machen mit Partnern aus dem Küchenbereich Kochevents, die live auf Facebook zu sehen sind. Mehrere Food-Blogger kochen gegeneinander.
Was haben Sie mit dem Smartphone-Service vor?
Wir haben letztes Jahr mit einem Smartphone-Service begonnen. Wir wechseln Displays und verdoppeln jeden Monat die Anzahl der reparierten Handys. Wir werden zigtausende Smartphones nächstes Jahr reparieren. Wir haben aber auch andere Services, wir bauen Küchenmulden ein, montieren Fernseher an die Wand und schließen Waschmaschinen an. Insgesamt servicieren wir rund 500.000 Österreicher pro Jahr.
Wie viel investiert Media-Saturn pro Jahr?
Ein niedriger zweistelliger Millionen-Betrag fließt in unsere Läden, in Umbauten und Generalsanierungen. Der gesamte Investitionsbetrag ist natürlich viel höher und geht in moderne Technologien, IT und Software-Lösungen.
Sie haben 52 Standorte, wie wird sich die Zahl entwickeln?
Wir haben in den letzten Jahren pro Jahr ein bis zwei Läden eröffnet. Die Expansion ist jetzt mehr oder weniger beendet. Wir werden noch drei bis fünf kleinere Läden in den kommenden drei bis fünf Jahren eröffnen, in Osttirol und Salzburg, dann passt es.
Wird sich der Kurs unter Ihnen stark ändern?
Neu ist, dass ich eine Doppelrolle habe. Als Vorsitzender der Geschäftsführung bin ich strategisch gesamtverantwortlich. Zusätzlich verantworte ich das operative Geschäft und führe die Märkte mit meiner Vertriebsmannschaft. Die Struktur ändert sich, die Meetings, die Abläufe. Die Geschäftsführer-Tagung zum Beispiel mit den Marktverantwortlichen mache ich selber. Da geht es um Strategie und Entwicklungen, da bin ich näher dran. Diese Neuerungen waren langfristig geplant.
Man hört, dass die ehemals höherpreisige Marke Saturn durch Billigangebote kaputt ist und verschwinden soll. Wie sieht das in Österreich aus?
Saturn wird nicht verschwinden. Das habe ich noch nie gehört, dass man die Nummer zwei am Markt zusperrt. Wir werden noch viel Freude mit Saturn haben, das ist keine Diskussion in Österreich.
Was ist dann noch der Unterschied zwischen Media Markt und Saturn?
Saturn ist traditionell eher in der Innenstadt, Media Markt in ländlichen Regionen auch auf der grünen Wiese. Daher haben Sie Unterschiede beim Sortiment. Es ist ein Unterschied, ob man mit der U-Bahn oder mit dem Auto hinfährt. Saturn war immer mehr foto- und smartphonelastig, Media Markt hatte mehr Wohnen und größere Haushaltsgeräte. Die Preise sind vergleichbar. Die Marken konkurrieren miteinander.
Der Umsatz steigt leicht und liegt derzeit bei 1,16 Milliarden Euro. Wie lautet Ihr Ausblick?
Umsatz halten reicht nicht, wir sind auf Angriff gepolt. Wir müssen wachsen, sonst können wir das nicht bieten, was wir bieten wollen. Wir werden Schwerpunkte setzen in neuen Warenbereichen, bei Elektrokleingeräten, bei Smartphones und bei neuen Serviceleistungen.
Welche Waren verkaufen sich eigentlich gar nicht mehr und welche noch erstaunlich gut?
Bei Navis gibt es ein Auf und Ab, Autoradios sind kein Thema mehr. Bei CDs und DVDs gibt es mehr Interesse, als man annehmen könnte. Große Nachfrage sehen wir bei Kaffeemaschinen und bei OLED TVs.