Wirtschaft

Wikifolio.com: Zocken 2.0

Ein Wertpapierfonds ist wie eine Musik-CD. Meistens gefallen einem ja nur ein oder zwei Songs darauf, aber nicht das gesamte Album. „Ich will meine Playlist selbst zusammenstellen und nur das kaufen, was mir wirklich gefällt“, umschreibt wikifolio.com-Gründer Andreas Kern seine Motivation, die Web-2.0-Welt mit der Geldanlage zu verknüpfen. Kern entwickelte in Wien die Social-Media-Tradingplattform wikifolio.com und startete damit 2012 in Deutschland. In der Vorwoche fiel in Kooperation mit der Erste-Tochter brokerjet der Startschuss in Österreich.

Auf wikifolio.com – der Name leitet sich von der freien Enzyklopädie wikipedia ab – können Kleinanleger erfahrenen Wertpapierhändlern (Tradern) folgen, die ihre Anlagestrategie im Web offenlegen. Jede Veränderung im Portfolio ist den „Followern“ zugänglich. Trader, zumeist Profitrader, registrieren sich und versuchen zehn Follower zu finden, die bereit sind, 2500 Euro in ein Musterportfolio zu investieren. Bei ausreichendem Interesse der Anleger wird das Portfolio, genannt „wikifolio“, als Indexzertifikat nachgebaut und somit handelbar gemacht. Ein Zertifikat kostet 100 Euro. Emittent ist das deutsche Wertpapierhandelshaus Lang & Schwarz. Hier gibt es also keine Auswahl. Sollte das Unternehmen pleite gehen, sind die Zertifikate wertlos.

Zulassungen

Derzeit gibt es 434 wikifolios, wovon erst 65 auch in Österreich – über brokerjet – erhältlich sind. Grund sei das unterschiedliche Zulassungsprozedere. „Seit dem Start vor sechs Monaten haben Anleger bereits 21 Millionen Euro in wikifolios investiert“, sagt Kern, das Handelsvolumen liege bei 378 Millionen Euro. 76 Prozent aller wikifolios würden derzeit Gewinne schreiben, an denen auch die Trader mitschneiden. Aus Performancegründen gehen Trader aber auch hohes Risiko ein und setzen auf Speed-Trading mit Aktien und permanent handelbaren ETFs (Exchange Traded Funds). Pro Jahr fällt eine Zertifikatsgebühr von 0,95 Prozent an, zusätzlich wird vom Gewinn eine Performance-Gebühr von 5 bis 30 Prozent berechnet. Wird das Zertifikat verkauft, fällt die Wertpapier-KEST an.