Wirtschaft

Mit voller Kasse auf Tour

In den vergangenen zwölf Jahren hat die Vienna Insurance Group (Wiener Städtische), Österreichs größ­ter Versicherungskonzern, rund 40 Gesellschaften in Zentral- und Osteuropa (CEE) gekauft. Mindest doppelt so viele Angebote wurden abgelehnt. Die ganz großen Deals dürften gelaufen sein, doch die VIG hat nach wie vor ihren Fokus Richtung Osten ausgerichtet. Derzeit werden, bestätigt Peter Hagen, seit 120 Tagen neuer Konzernchef, zwei, drei Zukäufe im zweistelligen Millionenbereich geprüft.

Am nötigen Kleingeld wird’s nicht scheitern. Der Konzern, der an den Börsen in Wien und Prag notiert, hat rund 1,5 Milliarden Euro für mögliche Akquisitionen in der "Kriegskasse". Auf dem Radar sind die Regionen Baltikum, Polen, Ukraine sowie Rumänien und Bulgarien.

Enormes Potenzial ortet Hagen zum Beispiel in der Ukraine, wo die VIG mit vier Gesellschaften präsent ist. Dort liegt die durchschnittliche Versicherungsprämie pro Einwohner bei 50 Euro im Jahr. Die Verdoppelung auf 100 Euro pro Kopf würde zusätzliche Prämieneinnahmen von 2,5 Milliarden Euro bringen. Zum Vergleich: Die Österreicher geben im Jahr rund 2000 Euro für Versicherungen aus. Insgesamt hat die VIG inklusive Österreich bereits einen Marktanteil von 20 Prozent, rechnete Hagen im Klub der Wirtschaftspublizisten vor.

Hagen startet außerdem in den CEE-Töchtern eine Personaloffensive. Um mehr Frauen in Führungspositionen zu bringen: "Man muss Frauen nicht extra fördern, sondern dafür sorgen, dass sie durchkommen." Da gebe es sehr viel Potenzial.

Massive Kritik übte Hagen an der Steuerpolitik für die Lebensversicherung. Mit der Zukunftsvorsorge habe man offenbar eine "eierlegende Wollmilchsau" gewollt: Die Österreicher sollten zu Aktienbesitzern werden, die Wiener Börse gefördert werden, zusätzlich eine Kapitalgarantie und auf alles drauf eine satte Rendite. Die Verlängerung der Mindestbindung bei den Einmalerlägen (Prämie wird im vorhinein bezahlt) schrecke genau jene Klientel ab, "die das Geld dafür hätte, nämlich die Generation 50 plus". Das Vertrauen in die kapitalgedeckte Altersvorsorge werde "durch kurzfristige fiskalpolitische Überlegungen zerstört". Hagen fordert außerdem, bei der Zukunftsvorsorge endlich die gesetzlich vorgeschriebene Mindestquote für Aktien durch eine Höchstquote zu ersetzen.