Wirtschaft

Wien-Energie-Chefin: "Frauen fallen einfach auf"

Susanna Zaprevas Karriere ist in Österreich nach wie vor ungewöhnlich: Eine Frau, die Elektrotechnik und Betriebswirtschaft studiert und es bis zur Chefin der Wien Energie brachte. 2016 macht sie den nächsten Karrieresprung und wechselt an die Spitze der enercity, eines der größten Stadtwerke Deutschlands mit Tochterunternehmen in den baltischen Staaten. Mit dem KURIER sprach Zapreva über Frauen in Männerberufen, Ökostrom und das Vordringen der Erneuerbaren in den Verkehr und die Raumwärme.

KURIER: Frau Zapreva. Sie wechseln 2016 von Wien Energie zu enercity in die viel kleinere Stadt Hannover. Was reizt Sie dort?

Susanna Zapreva: Der deutsche Energiemarkt, der in den nächsten Jahren sehr spannend sein wird. Es wird viele Weichenstellungen geben, bei denen ich mitgestalten möchte. Und enercity ist nicht auf die Stadt Hannover beschränkt, sondern in ganz Deutschland und im Baltikum tätig.

An welche Weichenstellungen denken Sie da?

In Deutschland ist die Energiewende im Strombereich voll im Gang. Also der Abgang von Atomkraft und fossile Energieträger hin zu Erneuerbaren. Aber im Wärmebereich und im Verkehr tut sich noch wenig. Das wird kommen müssen. Auch dort werden Erneuerbare forciert werden.

Diese Herausforderungen gibt es auch bei Wien Energie. Warum gehen Sie nach Hannover?

Ich bin das siebente Jahr in der Geschäftsführung der Wien Energie. Ein paar Jahre im Ausland die Energiewelt direkt zu erleben, ist sicher bereichernd. Wien hat etwa im Bereich Wärme schon einiges erreicht. Aber ich wollte nicht unbedingt weg aus Wien. Ich wurde angesprochen und fand den Gestaltungsspielraum interessant.

Ökoenergien sind dezentral. Ist eine Verbreitung in der Stadt überhaupt möglich?

Erneuerbare werden auch in den Städten Platz greifen. In der Region Hannover wohnen 1,6 Mio. Menschen und es gibt einiges an Industrie mit viel Abwärmepotenzial. Da gibt es viele Möglichkeiten, zum Beispiel die Nutzung der Wärme von Prozesswärme und Rechenzentren.

Wie konnten Sie sich als Frau in der männerdominierten Wiener Energiewelt durchsetzen?

Natürlich war das nicht immer leicht. Der Vorteil von Frauen in dieser Energiewelt ist aber: Man muss nicht extra auffallen, man fällt als Frau einfach auf, weil man fast allein unter Männern ist. Damit ist die Hälfte bereits erledigt. Die andere Hälfte ist positiv aufzufallen und das geschieht mit Konsequenz und Leistung. Aber von den Menschen, die mich gefördert haben, sind 80 Prozent Männer gewesen.

Würden Sie eine Frauenquote begrüßen?

Ich war lange Zeit dagegen, weil ich dachte, Frauen setzen sich auch so durch. Mittlerweile revidiere ich das. Es muss nicht unbedingt eine Frauenquote sein, aber wir brauchen ein Regulativ, das die Aufmerksamkeit auf die Frauen lenkt. Sie bringen gute Leistung, fallen oft aber damit nicht auf.

Haben Sie sich mit Ihrem Fachwissen als Elektrotechnikerin immer ernst genommen gefühlt?

Am Anfang war es in der Energiebranche nicht immer so. Das habe ich aber schnell ändern können. Da muss man mit Selbstvertrauen und Vehemenz auftreten und die Kompetenz beweisen. In einem leistungsorientierten Umfeld ist das kein Problem. Wenn es aber vor allem darum geht, wer mit wem gut ist, ist es schwieriger. Ich gehe da meinen Weg, der an Ergebnissen orientiert ist. Langfristig geht es darum, dass man Spuren hinterlässt von denen die künftigen Generationen profitieren und das ist mir in der Wien Energie sehr gut gelungen.

Worauf sind Sie stolz in Ihrer Zeit bei Wien Energie?

Dass wir den Anteil der Erneuerbaren in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt und bei Energieeffizienz einiges erreicht haben. Auch die Bürgerbeteiligungsmodelle im Solar- und Windbereich sind ein Erfolg. Stolz bin ich auf unsere innovativen Projekte, wo wir etwa mit Wärmepumpen Fernwärme produzieren. Wir machen das in einer Größenordnung, die keiner in Österreich schafft. Da habe ich einen Beitrag dazu geleistet.

Laufbahn

Die 42-jährige Wienerin studierte Elektrotechnik an der Technischen Universität Wien und Betriebswirtschaft in Wien und Adelaide, Australien. 2001 begann sie bei Wien Energie, 2009 wurde sie Wien- Strom-Chefin, 2010 Wien- Energie-Geschäftsführerin.Wien EnergieDas Unternehmen versorgt zwei Millionen Menschen mit Strom, Gas und Wärme und setzt damit knapp zwei Milliarden Euro im Jahr um.

enercity

Der Versorger liefert Strom, Gas, Wärme und Wasser und setzte 2014 ca. 2,4 Milliarden Euro um.