Wirtschaft

Wie sich die Finanz "Körberlgeld" holt

Seit 1. Jänner 2016 bleibt den Steuerzahlern bekanntlich netto mehr übrig, besonders die Geringverdiener durften sich über eine üppige Steuersenkung freuen. Nur bei der Finanzverwaltung selbst ist die Steuerreform noch nicht so ganz angekommen.

Die von der EDV automatisch erstellten Vorauszahlungsbescheide für die Einkommensteuer 2016 negieren nämlich die seit Jahresbeginn gültigen, niedrigeren Steuersätze. Als Basis für die Neuberechnung der Einkommensteuer wird das Ergebnis des Vorjahres herangezogen. Die Folge: Zigtausende Steuerzahler erhalten dadurch überhöhte Vorschreibungen für 2016. Der zu viel einbezahlte Betrag wird zwar beim späteren Steuerausgleich wieder gutgeschrieben, bei Kleinbeträgen jedoch unverzinst. "Ich persönlich kenne viele Betroffene, die zum Handkuss kommen. Das ist ein ganz ordentlicher Zinsgewinn für Vater Staat zulasten der Kleinverdiener", ärgert sich KURIER-Leser Helmut P.

Fallbeispiel

Eine Betroffene ist die Gattin von Herrn P. Die Pensionistin erhält rund 1000 Euro Pension, verdient nebenbei geringfügig dazu und bezieht eine kleine Rente aus Polen. 1900 Euro Einkommensteuer lieferte sie im Vorjahr an den Staat ab. Die Freude über die Steuerreform war groß, denn dadurch verringerte sich ihre Steuerlast für heuer auf 1300 Euro. Die Vorschreibung für 2016 lautet jedoch erneut auf 1900 Euro. Der Differenzbetrag von 600 Euro wird ihr zwar bei der Veranlagung für 2016 gutgeschrieben. Zinsen gibt es dafür aber keine, weil der Betrag zu gering ist. Sogenannte Anspruchszinsen (derzeit 1,38 Prozent) zahlt die Finanz nämlich erst ab einem Zinsbetrag von 50 Euro aus.

Reinhard Rindler, Steuerexperte bei BDO Austria, bestätigt den Sachverhalt im Wesentlichen und spricht von einem "schönen Körberlgeld, das sich der Fiskus hier von den Kleinverdienern holt". Von den überhöhten Vorauszahlungsbescheiden betroffen sind nämlich vor allem Arbeitnehmer oder Pensionisten mit (kleineren) Zuverdiensten oder mehreren Dienstverhältnissen, die sich im Steuerrecht nicht gut auskennen und auch keine Steuerberater beschäftigen.

Rechtskonform

Alles rechtens, heißt es dazu aus dem Finanzministerium. Basis für die Berechnung der Vorauszahlung sei auch nach der Steuerreform die Steuerschuld der vergangenen Jahre, das EDV-System erledige das automatisch. Einfach hinnehmen müsse der Steuerzahler die zu hohe Vorschreibung allerdings nicht, wird betont. "Betroffene können formlos einen Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlung beim zuständigen Finanzamt einbringen." Laut Gesetz kann die Vorauszahlung auch "individuell angepasst" werden. Schön und gut, aber wer weiß das schon? Steuerberater Rindler empfiehlt allen Betroffenen, den überhöhten Vorauszahlungsbescheid zu beeinspruchen.