Wirtschaft

Wie ein Bankkonto Menschen aus dem sozialen Abseits ziehen kann

Herbert O. hatte eine Tischlerei. Jahrelang belieferte er eine große Möbelkette. Als diese ihre Aufträge stornierte, saß er auf einem Schuldenberg, beantragte Privatkonkurs und stand vor dem finanziellen Nichts. Claudia B. hatte in den guten Jahren ihrer Ehe für einen Kredit ihres Mannes gebürgt. Dann verließ er sie, Frau B. blieb mit den Schulden zurück. Auch sie musste Privatinsolvenz beantragen. Beide verloren die Verfügungsgewalt über ihr bestehendes Bankkonto, das im Zuge des Konkurses gesperrt wurde.

Es sind Fälle wie diese, mit denen die Mitarbeiter der Zweiten Sparkasse tagtäglich zu tun haben. „Bei uns bekommt jeder ein Bankkonto und damit eine neue Chance“, sagt Günter Benischek, ab Jahresbeginn 2014 neuer Vorstand in der Zweiten Sparkasse, im Gespräch mit dem KURIER. „Und wir helfen den Menschen, finanziell wieder auf die Beine zu kommen“, ergänzt er. Denn Menschen mit hohen Schulden bekämen bei „normalen Banken kein neues Konto“. Das Zweite-Sparkasse-Konto sei wie ein Neustart ins neue Leben nach der Privatpleite.

Vor sieben Jahren wurde die Zweite Sparkasse gegründet, heute hat sie in allen Landeshauptstädten außer Bregenz und Eisenstadt eine Filiale. Die Zweite gehört der Stiftung der Erste Group, die die Zweite mit 5,8 Millionen Euro an den Start schickte. Mehr als 400 ehemalige und noch aktive Mitarbeiter der Erste Group arbeiten ehrenamtlich für die Zweite.

Anfangs ist die Nachfrage nach Bankkonten bei der Zweiten Sparkasse regelrecht explodiert. 8265 Kunden zählt die Zweite heute, die Zahl ist seit einigen Jahren stabil. „Wir sind eine Bank, die sich freut, wenn sie die Kunden verliert“, sagt Benischek. 1500 Zweite-Sparkasse-Kunden konnten bereits in eine „normale Bank“ zurück.

Nicht gratis

Alle Inhalte anzeigen
Das Zweite-Konto kostet neun Euro im Quartal. Dazu gibt es eine Bankkarte ohne Überziehungsrahmen. „Die Gebühren werden angespart. Wenn uns der Kunde verlässt, bekommt er das Geld mit“, erklärt Benischek. Die Kunden kämen vor allem über die Schuldnerberatung, zum Teil auch über die Caritas.

Geregelte Öffnungszeiten hat die Zweite Sparkasse nicht. Die Kunden müssen Termine vereinbaren. Die Mitarbeiter nehmen sich dann Zeit für das Beratungsgespräch. Besetzt ist die Wiener Filiale in der Glockengasse 3 im Zweiten Bezirk dennoch fast immer. „Wir arbeiten sicher 50 Stunden pro Woche.“

Wenn die EU ihren Plan umsetze, dass Banken niemandem ein Konto verweigern dürfen, werde sich an der Nachfrage nach Zweite-Sparkasse-Konten nicht viel ändern, glaubt Benischek. „Wir sind nämlich viel mehr als nur eine Kontonummer.“