Was heißt...? Arbeitslosenquote
Von Anita Staudacher
Österreich leistet sich gleich zwei Arbeitslosenquoten: Eine internationale, vergleichbare EU-Quote mit für heuer prognostizierten 5,7 Prozent und eine nur im Inland gebräuchliche nationale Quote, die heuer auf über 9 Prozent ansteigen dürfte (siehe Grafik). Aber wie werden diese Prozentzahlen überhaupt ermittelt und was sagen sie aus?
EU-Quote
Um Arbeitslosigkeit weltweit mess- und vergleichbar zu machen, hat die Internationale Arbeitsorganisation ILO, eine Tochter der UNO, einheitliche Kriterien festgelegt. Eine internationale Statistikerkonferenz einigte sich 1982 auf einen Kompromiss, der die Handschrift von US-Ökonomen trägt.
Dem ILO-Konzept zufolge gilt jemand nur dann als arbeitslos, wenn er in der Befragungswoche nicht einmal eine Stunde erwerbstätig war, aktiv auf Arbeitsuche ist und innerhalb der nächsten zwei Wochen eine Beschäftigung aufnehmen kann. Die so ermittelten Arbeitslosen werden in Relation zum Arbeitskräfteangebot, also Angestellte und Selbstständige, gesetzt.
Beispiel: Österreichs EU-Jugendarbeitslosenquote von 10,3 Prozent bedeutet, dass 10,3 Prozent der nicht in Ausbildung befindlichen 15- bis 24-Jährigen aktiv auf Arbeitsuche sind.
Vergleichbar Die EU- bzw. ILO-Quote ist international vergleichbar, erhebt nicht nur die registrierten Arbeitslosen und unterscheidet nicht zwischen selbstständig und angestellt.
Fehlerhaft Die ILO-Definition zielt ausschließlich auf die sogenannte "Such-Arbeitslosigkeit" ab. Menschen, die wegen Schulungen, Krankheit oder etwa Einstellzusagen nicht sofort einen Job aufnehmen können, werden ausgeblendet.
Es reicht bereits eine einzige Stunde bezahlter Beschäftigung in der Woche aus, um nicht mehr als arbeitslos zu gelten.
Besonderheiten des österreichischen Arbeitsmarktes wie die hohe Saisonalität im Tourismus oder die vielen Wochenpendler aus dem benachbarten Ausland sind schwer erfassbar. Die Statistik Austria hat erst kürzlich die Erhebungsmethode verfeinert und die EU-Quoten für Österreich von 2004 bis 2014 im Nachhinein leicht nach oben korrigiert.
Nationale Quote
Die nur im Inland gebräuchliche, nationale Arbeitslosenquote fußt auf Daten des Arbeitsmarktservice (AMS) und der Sozialversicherung. Als arbeitslos gilt, wer am Ende des Monats beim AMS als Arbeit suchend gemeldet ist (Registerarbeitslosigkeit). Die monatliche Quote ist eine Stichtagserhebung. Sie ergibt sich aus der Relation der an diesem Tag registrierten Arbeitslosen zum sogenannten Arbeitskräftepotenzial, der Summe aus unselbstständig Erwerbstätigen und Arbeitslosen. Im Unterschied zur ILO-Berechnung werden Selbstständige nicht mitgezählt. Auch geringfügige Beschäftigung bleibt ausgeklammert, da auch Arbeitslose geringfügig dazuverdienen können.
Verlässlich Die nationale Quote bezieht sich auf valide Daten und ist als Stichtags-Erhebung zeitnah verfügbar. Die Zahlen können auf Merkmale wie Bezirk, Beruf etc. heruntergebrochen werden und sind daher sozialpolitisch relevant.
Unvollständig Registerdaten allein zeigen nur einen Ausschnitt der Arbeitslosigkeit. Arbeitslose, die sich nicht beim AMS melden, etwa, weil sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, scheinen ebenso wenig in der Quote auf wie jene, die zwar arbeiten könnten, aber aus diversen Gründen keine Arbeit suchen (stille Reserve). Auch die in Österreich im EU-Vergleich recht hohe Anzahl an AMS-Schulungsteilnehmern fließt nicht in die Berechnung der Quote ein, da diese nicht sofort verfügbar sind.
- Beispiel: Inklusive der Schulungsteilnehmer würde die nationale Arbeitslosenquote im Juli nicht 8,1, sondern 9,4 Prozent betragen.
Das AMS weist die Zahl der Schulungsteilnehmer jedoch seit Jahren extra aus.
Beide Quoten geben keine Auskunft darüber, ob die Menschen von ihrer Arbeit überhaupt leben können, ob sie vielleicht zwei oder mehrere Jobs haben bzw. über- oder unterbeschäftigt sind.