Was die Wirtschaft unter "New Deal" versteht
Von Anita Staudacher
Alle reden vom "New Deal", doch jeder hat andere Vorstellungen davon. Am Dienstag formulierten Wirtschaftskammer-Boss Christoph Leitl und der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Kapsch, ihre Wunschliste an die frisch formierte Kern-Regierung. Von neu ist dabei nicht viel zu sehen, höchstens neu formuliert.
Kapsch wünscht sich einen "New Deal" für die Wirtschaft nach Vorbild der "Agenda 2010" von SP-Kanzler Gerhard Schröder. Mit unpopulären, aber von der Wirtschaft begrüßten Arbeitsmarktreformen (Stichwort Hartz-IV) wurde das deutsche Wirtschaftswachstum erfolgreich angekurbelt. "Wir werden alle quietschen, aber wir werden die Reformen mittragen, wenn man uns die Vision dahinter vermittelt", ist Kapsch überzeugt. Zentrales Problem sei nämlich die Wachstumsschwäche in Österreich. So lange diese bestehe, gebe es auch nichts zu verteilen. Um Investitionen anzukurbeln und damit neue Jobs zu schaffen, sollten die Betriebe rasch von der hohen Bürokratie-, Steuer- und Abgabenlast befreit werden, fordert Kapsch einmal mehr.
"Wir plädieren für eine Halbierung der Körperschaftssteuer auf nicht entnommene Gewinne sowie für einen Pfad zur Lohnnebenkostensenkung von derzeit 26,3 Prozent in Richtung des deutschen Niveaus von rund 22 Prozent."
WKÖ-Chef Leitl will den "New Deal" mit einem "Pakt für Arbeit" ausstatten, "sonst steuern wir in fünf Jahren auf 600.000 Arbeitslose zu".
Selbstkritik
Dass fehlende Arbeitsmarktreformen in den vergangenen Jahren nicht nur ein Versäumnis der Regierung, sondern auch der – zumeist uneinigen – Sozialpartner waren, gibt Leitl offen zu. "Beim Arbeitsrecht ist wenig weitergegangen, das stimmt." Bei den Themen Pension, Bildung oder Migration hätten die Sozialpartner aber sehr wohl akkordierte Papiere vorgelegt, doch die Regierung habe nichts daraus gemacht.
Die neuen Arbeitsrechts-Vorschläge Leitls dürften auf Arbeitnehmerseite aber wohl auch auf große Skepsis stoßen. Er spricht sich für eine "persönliche Wahlfreiheit der Arbeitnehmer" bezüglich ihrer Beschäftigungsform aus. "Jeder soll selbst entscheiden, wann und wie viel er arbeitet". Eine generelle Arbeitszeitverkürzung ist für Kapsch und Leitl weiterhin ein Tabu-Thema.