Wirtschaft

Warum es kaum Last-Minute-Angebote gibt

KURIER: Ist Mitte August das Jahr für Reiseveranstalter schon gelaufen?

Helga Freund: Wir haben jetzt tatsächlich schon 95 Prozent des Geschäfts im Kasten. Es war ein gutes Jahr. Bei den Ruefa-Reisebüros liegen wir umsatzmäßig 13,6 Prozent über dem Vorjahresniveau.

Weil das vergangene Jahr so schlecht war oder weil das laufende so gut ist?

Letztes Jahr haben viele so lange mit der Buchung gezögert, bis in der Wunschdestination keine Plätze mehr frei waren. Das liegt daran, dass die Deutschen, Engländer und Franzosen traditionell früher buchen. Auch sie wollten nach den Wegfall von Destinationen wie der Türkei und Tunesien verstärkt nach Spanien, Italien oder Griechenland. An diesen Stränden war dann alles voll. Heuer haben die Österreich früher gebucht.

Und deutlich mehr gezahlt, oder?

Die Preise in den begehrten Sommerdestinationen sind gestiegen, ja. Ich denke, in Spanien, Italien, Kroatien oder Griechenland werden sie es auch nächstes Jahr noch tun. Bei manchen Destinationen wird die Entwicklung der Flugpreise eine entscheidende Rolle spielen.

Täuscht der Eindruck oder gibt es so gut wie keine Last-minute-Angebote mehr?

Bei bei den gerade besprochenen Destinationen werden sie Last-minute sicher nicht billiger fahren. Die sind ausverkauft.

Also nur noch in Regionen, in die man wegen Terrormeldungen lieber nicht will?

Auch nicht unbedingt, weil die Veranstalter ihre Kapazitäten längst zusammengestrichen haben. In die Türkei gibt es beispielsweise aus den österreichischen Bundesländern überhaupt keine Verbindungen mehr. Wenn es keine Flüge gibt, gibt es auch keine Restplätze. Am besten ist, man bucht früh und holt sich den Frühbucherrabatt.

Das müssen Sie ja sagen, weil es für Sie von Interesse ist, dass alle schnell buchen ...

Nicht unbedingt. Der Frühbucherrabatt kostet uns ja auch Marge.

Buchen mehr Leute wegen der Terrormeldungen wieder lieber im Reisebüro?

Ich denke schon, dass das zum Plus von 13,6 Prozent bei Ruefa beigetragen hat. Wer über Veranstalter bucht, ist halt im Fall der Fälle versorgt. Gerade bei Familien ist das ein Thema. Diese buchen jetzt übrigens verstärkt Kreuzfahrten.

Als schwimmenden All-inklusive-Club statt Antalya?

Auch. Für viele ist bedeutend, dass sie schon vor Abreise kalkulieren können, wie viel der Urlaub am Ende kosten wird. Wir haben in diesem Segment hohe Zuwachsraten und ein neues Angebot gestartet.

Welches Angebot?

Seit einem Monat sind Kreuzfahrten bei uns auch online buchbar, auf dem Cruiseportal (Anm: ruefa.at/kreuzfahrten).

Ist das die große Innovation gewesen?

Bei österreichischen Anbietern konnte man Kreuzfahrten bisher so gut wie gar nicht online buchen. Wer online gebucht hat, hat vor allem im Ausland gebucht.

Kreuzschiffe gelten nicht unbedingt als ökologisch nachhaltige Reiseform. Spielt das Thema bei der Buchung eine Rolle?

Die Reedereien unternehmen viel, verwenden heute ein anderes Öl als früher und bauen energieeffizientere Schiffe. Beim Reisen sind dem Kunden aber, offen gesagt, andere Faktoren wichtig. Generell wollen Touristen immer mehr authentische Erlebnisse.

Zum Beispiel?

Kontakt mit der Bevölkerung vor Ort, lokale Projekte besuchen oder lokales Essen ausprobieren. Das haben auch Schiffe erkannt, etwa entlang der Hurtigruten. Dort werden regelmäßig Spezialitäten der jeweiligen Anlegestelle aufgetischt, das kommt bei den Gästen gut an.

Sie haben kürzlich mit Gay-Travel-Reisen gestartet. Warum nicht Gay- und Lesbian-Travel?

"Gay" steht für die gesamte Community, von Lesbians, bis Bisexuals. Im Moment gibt es hauptsächlich Angebote für Schwule, wir erweitern die Pakete ständig. Angebote für Lesben folgen im Herbst. Laut unseren Umfragen haben sie andere Interessen. Männer legen mehr Wert auf Fünf-Stern-Hotels und Party, lesbische Pärchen suchen eher das Abenteuer, etwa im Backpack-Urlaub. Wir starten im Herbst mit entsprechenden Angeboten.

Hält auf der Langstrecke der Hype um Kuba an?

Aus unserer Sicht klingt er etwas ab. Das hat mehrere Gründe, auch die steigenden Preise und dass die Infrastruktur auf Kuba noch nicht auf so viele Gäste ausgerichtet ist. Derzeit kaufen vor allem amerikanische Veranstalter die Bettenkontingente auf.

Gibt es so ein G‘riss um Betten auch in Europa?

Auf Sardinien, da kaufen wir Hotels auch auf Garantie ein, das heißt, wir garantieren den Hotelbesitzern, dass ihre Häuser ausgelastet sind. Das ist notwendig, weil vor allem die Franzosen und Deutschen immer mehr auf Sardinien drängen.

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Der Konzernumsatz betrug zuletzt 870,3 Mio. Euro (–2,1 Prozent), das Ergebnis vor Steuern stieg um 61,4 Prozent auf 15,4 Mio. Euro. Der Konzern beschäftigt 3000 Mitarbeiter.

Die Tirolerin Helga Freund (55) ist seit 2015 im Verkehrsbüro-Vorstand und seit 2012 Geschäftsführerin von Eurotours.