Wirtschaft

Warum es den Gansln meist im Ausland an den Kragen geht

Die gute Nachricht vorweg: Stopfmast ist in Österreich verboten. Die schlechte: Drei Viertel der Gänse, die in Österreich verspeist werden, kommen aus dem Ausland,. Etwa aus Ungarn, wo diese Art der Mast noch immer erlaubt ist. Genauso wie in Frankreich, Belgien, Bulgarien, Spanien, China, den USA oder Kanada. "Trotz des österreichischen Verbots dürfen die Gänse sehr wohl importiert und verkauft werden", ärgert sich Martina Pluda von Vier Pfoten: "Eine Augenauswischerei."

Geht es nach der Tierschutzorganisation, sollte man das Gansl-Essen überhaupt streichen. Oder zumindest auf eine "Österreichische Weidegans" bestehen. Davon gibt es allerdings zu wenige. So ist zum Beispiel der Betrieb von Landwirtin Herta Schneider ausverkauft. Nicht nur zu Martini, sondern auch schon für Weihnachten. "Die Leute schauen mehr auf Qualität und sind auch bereit, dafür zu bezahlen", sagt die Burgenländerin, die zu Martini 1500 und zu Weihnachten 350 Weide-Gänse im eigenen Betrieb schlachtet und vermarktet. Die Hälfte davon landet in privaten Küchen, die andere in der Gastronomie.

Die Nachfrage wäre da

Warum ziehen Österreichs Landwirte nicht mehr Weidegänse auf, wenn die Nachfrage da ist? Weil es gar nicht so leicht ist, davon zu leben, sagt Matthias Leitgeb von der Landwirtschaftskammer Burgenland. Von jeder verkauften Gans bleibt dem Bauern nach Abzug aller Kosten gerade einmal ein Reinertrag von zehn Euro, rechnet er vor. Jedes Tier braucht mindest 100 Quadratmeter Fläche Platz, für ein Jahreseinkommen von 35.000 Euro braucht ein Betrieb also 3500 Gänse und 35 Hektar Land. So wie das nötige Kleingeld, um das Vorhaben zu realisieren. Leitgeb: "Das tun sich nicht viele an. Unsere Betriebe sind meist deutlich kleiner, mit hundert bis zweihundert Tieren – und einem entsprechenden Einkommen von 1000 bis 2000 Euro."

Gleichzeitig drängt seit zwei Jahren besonders viel Ware aus Ungarn und Polen zu Kampfpreisen in den Markt. Grund dafür ist das Import-Embargo der Russen, das zu Überproduktionen in Europa geführt hat. Abnehmer der Billigware ist vor allem die Gastronomie, die auf ihren Speisekarten nicht anführen muss, woher sie die Ware bezogen hat.

Bei vielen Küchenchefs regiert der Sparstift – am Teller landen damit billige Stopfgänse. "Ein Kilo Tiefkühlware gibt es im Großhandel um 2,45 Euro, die Gastronomen verkaufen sie dann um 14 Euro pro Portion", sagt Leitgeb. Die Tiefkühlgans sei "ein Abfallprodukt" aus der Stopfleber-Produktion. Den Tieren wird drei Mal am Tag ein Metallrohr in den Rachen gestopft, um sie zwangszuernähren. Durch die Überfütterung ist ihre Leber um bis zu zehn Mal größer, als es die Natur vorsieht.

Kurzes Gänseleben

Auch die in Österreich weit verbreitete Hafer-Mastgans aus Ungarn sei nicht mit der österreichischen Weidegans vergleichbar, sagt Leitgeb. Sie lebt mit durchschnittlich zwölf Wochen nicht einmal halb so lang wie ihre Artgenossen von der Weide in Österreich. Da sie weniger Auslauf haben, nehmen sie schneller zu, werden schneller geschlachtet und billiger verkauft. Um rund acht Euro pro Kilo, also um zwei Euro billiger als die Weidegans. "Vermeintlich billiger, der Bratverlust ist viel höher als bei unseren Gänsen", betont Leitgeb.

Aber nicht alle Tiere aus dem Ausland werden unter schlechten Bedingungen gehalten, schränkt selbst Vier Pfoten ein – und listet auf der eigenen Homepage Vorzeigebetriebe auf.