Vom Tisch: EU-Finanztransaktionssteuer kommt nicht
Die EU-Finanztransaktionssteuer wird definitiv nicht Wirklichkeit. Der neue Plan von Deutschland und Frankreich sieht statt einer umfassenden Finanztransaktionssteuer mit einer breiten Bemessungsgrundlage lediglich eine abgespeckte Aktiensteuer vor.
Eine EU-weite Finanztransaktionssteuer wird seit Jahren diskutiert. Eine solche Steuer würde Gebühren auf Finanzgeschäfte erheben. Damit soll Börsenspekulation weniger attraktiv und der Haushalt aufgebessert werden.
Im abgeschwächten deutsch-französischen Vorschlag gilt das nationale französische Modell als Grundlage. Dort fällt die Steuer nur bei Aktiengeschäften an, nicht aber beim Handel von Derivaten oder Anleihen.
Kritik aus Österreich
Deutliche Kritik kam aus Österreich. Der deutsch-französische Plan habe "nicht mehr den Anspruch einer Finanztransaktionssteuer", wie sie seit Jahren in der EU diskutiert werde, sagte Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), der derzeit den Ratsvorsitz innehat. Andere Länder hätten aber ihre Bereitschaft erklärt, den Plan im Jänner weiter zu diskutieren.
"Der Vorschlag von Deutschland und Frankreich - für mich persönlich gesprochen - hat nicht mehr den Anspruch einer Finanztransaktionssteuer, so wie wir ihn seit Jahren jetzt diskutieren", sagte Löger am Montag beim Treffen der Euro-Finanzminister in Brüssel.
Ursprünglich beinhaltete die Finanztransaktionssteuer eine breite Bemessungsgrundlage bei der Besteuerung von Finanzgeschäften. "Dieser Vorschlag erfüllt diesen Anspruch nicht mehr", sagte Löger. Er sei nur noch eine Steuer auf Aktienhandel. Er trete weiter für eine Finanztransaktionssteuer mit breiter Bemessungsgrundlage ein.
Einige Länder stünden dem neuen Vorschlag jedenfalls positiv gegenüber. Befragt, wie viele der zehn EU-Staaten, die im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit für eine Finanztransaktionssteuer eintreten, den deutsch-französischen Vorschlag bevorzugen, wollte Löger keine konkreten Zahlen sagen.
"Etikettenschwindel"
Die Globalisierungsgegner von Attac sehen im Aus für die Finanztransaktionssteuer den Beweis, dass sich die Finanzlobbys gegen die Interessen der Mehrheit der Menschen durchgesetzt haben. Kritik kam auch aus dem Europaparlament. Die Grünen sprachen von "Etikettenschwindel". Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber fand, das deutsch-französische Vorhaben sei "meilenweit vom eigentlichen Ziel entfernt", zu einer "fairen Beteiligung der Finanzmärkte an den Kosten" von Krisen zu kommen. In der jetzigen Form führe der Vorschlag dazu, "dass vor allem Kleinsparer die Zeche zahlen müssen".
In einer EU-weiten Form war die Finanztransaktionssteuer 2013 am Widerstand Großbritanniens und Schwedens gescheitert. Danach versuchte eine Gruppe aus zuletzt noch zehn EU-Ländern, das Vorhaben im Rahmen der sogenannten verstärkten Zusammenarbeit umzusetzen. Sie konnten sich bis heute aber nicht auf Tragweite und Modalitäten einigen.