Keine Erholung in Sicht: Voest leidet unter der Autokrise in Deutschland
Von Michael Bachner
Der börsenotierte Linzer Stahl- und Stahlverarbeitungskonzern Voestalpine hat angesichts von Stagnation und Rezession wie erwartet ein schwaches Halbjahresergebnis präsentiert. Die teils deutlichen Rückgänge in allen wesentlichen Finanzkennzahlen sind insbesondere auf die ausgeprägte Nachfrageschwäche in Europa und hier vor allem die Autokrise in Deutschland zurückzuführen. Der Gewinn nach Steuern brach gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 43 Prozent von 321 auf 183 Mio. Euro ein. Der Umsatz sank von 8,5 auf 8 Milliarden Euro.
Aktie verliert weiter
Ein Ende der Krise in Deutschland sei derzeit nicht absehbar. Der Ausblick auf das Gesamtjahr bleibt laut Voest-Chef Herbert Eibensteiner gegenüber der Oktober-Prognose unverändert bei "in etwa" 1,4 Milliarden Euro operatives Ergebnis (EBITDA). Zum Halbjahr lag das EBITDA bei 718 Millionen Euro und damit rund 20 Prozent unter dem Vorjahreswert.
Im Handelsverlauf gab die Aktie rund vier Prozent ab. Der Börsenwert der Voest ist seit einem Jahr um fast ein Viertel gefallen.
Im ersten Halbjahr "sehr gut" entwickelt hätten sich die Konzernbereiche Bahninfrastruktur und Luftfahrt. Weiterhin besonders stark sei die Nachfrage nach den Hochregallagersystemen der voestalpine. Eine rückläufige Nachfrage habe der Energiebereich verzeichnet. Die Bau- und Maschinenbauindustrie verharrte auf einem "anhaltend niedrigen Niveau".
Die Basis der vorsichtigen Prognose für das Gesamtjahr bilden neben den schwachen Halbjahresergebnissen, die "deutlich eingetrübten Marktentwicklungen in Europa sowie die nicht wiederkehrenden Ergebnisbelastungen von in Summe über 100 Mio. Euro aus dem Verkauf der Buderus Edelstahl und der Reorganisation des Automotive Components-Geschäfts in Deutschland". Der schon seit längerem angestrebte Verkauf der kriselnden deutschen Tochtergesellschaft Buderus ist erst seit kurzem fix und soll bis Jahresende über die Bühne gehen.
Zusätzlich wird ein Werk im deutschen Birkenfeld geschlossen und insgesamt das Deutschland-Geschäft kräftig restrukturiert.
In Österreich arbeite man derzeit mit „Aufnahmestopps, Abbau von Überstunden, Reduktion von Leasing-Personal und Urlaubsabbau“, zählte Eibensteiner auf. „In einzelnen Bereichen ist auch nicht ausgeschlossen, dass Stammpersonal betroffen sein wird.“
Außerdem dürften geringfügige Lohnkürzungen an einzelnen heimischen Standorten bevorstehen. Konkret laufen derzeit Verhandlungen zwischen Betriebsrat und Management über eine sogenannte Wettbewerbs- und Beschäftigungsklausel, wie Eibensteiner bestätigte. Davon betroffen sind die Rohrproduktion in Krieglach, die Gießereien in Linz und Traisen sowie die Böhler Edelstahl und die Böhler Aerospace in Kapfenberg. Die Klausel besagt, dass vom vereinbarten Kollektivvertragslohn zwischen 0,75 und 1,5 Prozent zurückbehalten werden dürfen, wenn die Arbeitskosten die Wertschöpfung mehr oder weniger aufzehren. "Bis Mitte oder gegen Ende Dezember wird es eine endgültige Entscheidung geben", sagte der Konzernchef.
Die voestalpine beschäftigte heuer per Ende September weltweit rund 51.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Vollzeitäquivalente) - knapp die Hälfte davon in Österreich.