Trends: Bohnen aus Fässern und kalter Kaffee
Von Simone Hoepke
Wenn Reinhold Schärf Besucher in der Firmenzentrale in Neusiedl am See begrüßt, räumt er gern mit ein paar hartnäckigen Gerüchten auf. Erstens einmal schlägt sich Kaffee aus seiner Sicht gar nicht auf den Magen, zumindest nicht, wenn die Kaffeemischung gut ist. "Entscheidend ist immer, welche Bohnen kombiniert werden", doziert der Firmenchef und fügt eilig hinzu, dass einst Kaffee sogar in der Apotheke verkauft wurde. "Als krampflösendes Mittel."
Auch an Sodbrennen haben aus seiner Sicht nicht die Bohnen Schuld, sondern bestenfalls Verarbeiter, die die Kunst des Mahlens nicht verstehen.
Das Familienunternehmen Schärf beschäftigt sich seit 60 Jahren mit Kaffee – von der Bohne bis zum fixfertigen Kaffeehauskonzept. Die Burgenländer kaufen die Bohnen nicht anonym über die Börse, sondern beziehen sie über Vertragsbauern in mehreren Ländern. Geröstet wird in der hauseigenen Rösterei – und das ist eine eigene Wissenschaft. Werden die Bohnen zu hell gebrannt, driftet der Geschmack ins Säuerliche ab. Zu dunkle Bohnen schmecken dagegen zu bitter. Die goldene Mitte treffen nur Experten.
Schärf hält seine Nase in eine frisch geröstete Packung Kaffee, hat aber keine Lust, sich aus diesen Bohnen einen Kaffee zu brühen. "Geh, bring mir einen Kaffee, der vor zwei, drei Wochen geröstet wurde", ruft er einem Mitarbeiter zu.
Frisch gerösteter Kaffee sei einfach nicht optimal. So gesehen verhält es sich mit den Bohnen wie mit gutem Rotwein: Beide brauchen Zeit, um sich zu entfalten. Wer glaubt, dass röstfrischer Kaffee am besten mundet, sei schlicht auf der falschen Fährte.
Edelkaffee aus Jamaika
Als Mercedes unter den Bohnen gilt die Sorte "Jamaica Blue Mountain", die übrigens in Holzfässern und nicht in Kaffeesäcken geliefert wird. Wer sich mit Kaffee nicht auskennt, aber gern mit teuren Sorten angibt, sollte nicht den Fehler machen, diese edle Ernte aus Jamaika in die Espresso-Maschine zu stecken. "Jamaica-Blue eignet sich für die Filtermethode", betont Schärf.
In Österreich sind die Burgenländer vor allem den Gastronomen und Bäckereien als Lieferant von Kaffeemaschinen samt Kaffeehauskonzepten ein Begriff. International sind sie laut eigenen Angaben bei mehr als 2600 Kaffeehaus-Konzepten involviert – von der Bäckerei bis zum Kaffee-Eck in Firmen und Tankstellen.
Zudem haben sie sich mit ihrer 1999 gegründeten Coffeeshop-Company einen Namen gemacht. Die Kaffeehauskette zählt aktuell knapp 300 Franchise-Standorte in 26 Ländern. "In Wien waren wir 1999 die ersten, die Kaffee im Pappbecher auf den Markt gebracht haben", erläutert Junior-Chef Marco Schärf und fügt hinzu, dass ihnen die Wiener damals die Becher am liebsten nachgeworfen hätten. Zwei Jahre später zog der US-Riese Starbucks in die Stadt mit seinen Pappbechern ins Land und machte sie modern. Derzeit sieht Schärf vor allem in Russland Wachstumschancen, wo die Gruppe aktuell 93 Standorte hat. "Heuer eröffnen 30 weitere." Während andere in der Rubelkrise das Land verlassen haben, ist Schärf geblieben, davon profitiert er nun.
Trend aus New York
Kaffee unterliegt Moden. Der letzte Schrei kommt einmal mehr aus den USA und nennt sich Cold Brew. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um kalt gebrühten Kaffee, dessen Zubereitung bis zu 48 Stunden dauert. Bei den Trendsettern in New York ist das der letzte Schrei. "Ich denke in ein, zwei Jahren wird der Trend auch bei uns ankommen", schätzt Marco Schärf, der bereits auf den fahrenden Zug aufgesprungen ist. In seinen Coffeeshops verkauft er ein kleines Fläschchen "Cold Brew" um 3,80 Euro. Mit welchem Erfolg bleibt abzuwarten.