Wirtschaft

Treichl: Banken nicht als "Zockerbuden" abtun

Historischer Durchbruch in Brüssel: In der Europäischen Union werden erstmals die umstrittenen Bonuszahlungen für Banker begrenzt. Darauf einigten sich Vertreter des Europaparlaments und der irischen EU-Ratspräsidentschaft in der Nacht zum Donnerstag nach zähen Verhandlungen.

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Wie der irische FinanzministerMichael Noonanerklärte, sollen die Regeln sicherstellen, dass die Vergütungspraxis der Banken nicht zu einer exzessiven Risikobereitschaft ihrer Angestellten führt. Die Vorschriften sollen Anfang nächsten Jahres greifen. Die Volksvertretung und die EU-Staaten müssen dem Kompromiss noch endgültig zustimmen.

Reaktionen sehr unterschiedlich

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Der Verhandlungsführer des Parlaments,Othmar Karas, begrüßte die Einigung: "Zum ersten Mal in der Geschichte der EU-Finanzmarktregulierung werden wir die Banker-Boni begrenzen." Diese Extravergütungen dürften das eigentliche Gehalt der Banker nicht mehr übersteigen. Unter bestimmten Bedingungen könnten Aktionäre auf einer Hauptversammlung Vergütungen billigen, die doppelt so hoch seien wie das Grundgehalt.

Der deutsche SPD-Abgeordnete Udo Bullmann, der die Sozialdemokraten in den Verhandlungen vertrat, sagte: "Das heutige Verhandlungsergebnis deckelt die Bonuszahlung grundsätzlich auf die Höhe des Fixgehalts. Das bedeutet eine Revolution im Finanzmarkt, wo Verzehnfachungen des Gehalts keine Seltenheit sind. Wir legen zudem explizit Verantwortung in die Hände der Eigentümer der Banken, vertrauen ihnen aber nicht blind."

"Politische Aktion"


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Erste-ChefAndreas Treichlhat hingegen nur wenig Verständnis für die beschlossene Begrenzung. Er halte das für eine "politische Aktion". Banken sollten nicht als "Zockerbuden" abgetan werden.

Selbst wenn "unsere Bank mit so einem Deckel kein Problem hat", so Treichl, gebe es Banken mit anderen Geschäftsmodellen, die wohl betroffen seien. Klare Folge werde sein, dass viele Leute im Investmentbanking europäische Institute verlassen würden. Er glaube prinzipiell nicht, dass es richtig sei, hier einzugreifen. Ehrlicher wäre es, gleich zu sagen, dass man in Europa solche Banken nicht haben und dieses Geschäft den Amerikanern überlassen wolle. Genau diese Entscheidung sei nämlich damit getroffen worden, so der Erste-Chef. Für die Erste Gruppe sei die Deckelung wie jetzt vorgesehen kein Problem."

Boni-Regeln als Teil von Basel III

Die Regelungen zu den Boni sind Teil der schärferen Kapitalvorschriften für die Finanzbranche (Basel III), auf die man sich international verständigt hat. Diese sollen Schieflagen von Banken künftig verhindern.

Dies bedeutet, dass Kreditinstitute vom kommenden Jahr an mehr Geld bereithalten müssen, um ihre Geschäfte abzusichern. Laut Karas gehören dazu auch mehrere Maßnahmen, um die Kreditvergabe an den Mittelstand zu vereinfachen. "Das neue Bankengesetz ist nicht nur ein Stück Bankenregulierung, sondern dient der Finanzierung der realen Wirtschaft."

"Ich glaube, dass das Kompromisspaket, das wir heute Nacht erreicht haben, gut ausbalanciert ist", sagte der irische Chef-Kassenhüter Noonan, der das Paket am kommenden Dienstag in Brüssel beim Finanzministerrat seinen EU-Kollegen vorlegen will. Während der Verhandlungen habe man verschiedene Interessen berücksichtigen müssen: "Den Wunsch, die Bezahlungen der Banker zu begrenzen, während ein konkurrenzfähiger europäischer Bankensektor erhalten wird."

Cameron: Belange der Londoner City wahren

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Wenig Freude lösen die neuen Boni-Regeln in Großbritannien aus. Das Regelungspaket müsse so umgesetzt werden, dass die besonderen Bedürfnisse der Londoner City berücksichtigt werden, sagte Premierminister David Cameron. "Wir haben, anders als andere EU-Länder, große internationale Banken, die ihren Sitz in Großbritannien haben, aber in aller Welt aktiv sind".

Großbritannien, wo das Verhandlungsergebnis als diplomatische Niederlage gewertet wird, hat in der Sache allerdings kein Vetorecht. Die EU-Finanzminister können den Beschluss mit qualifizierter Mehrheit fassen.

Anders als Finanzplätze wie London, Zürich oder Frankfurt zählt Österreich nicht sehr viele Gagenmillionäre unter seinen Bankern: Nach einer Untersuchung der Finanzmarktaufsicht bezogen zwölf Bankchefs in Österreich im Jahr 2011 mehr als 1 Million Euro - Fixgehalt samt Bonus. Dazu kamen noch zwei Manager in Osttöchtern.

In Österreich gelten wie in Europa seit 2012 strengere Vorgaben für die zusätzlich zum Fixgehalt ausgezahlten Banker-Einkommen. Sie greifen für Bezüge auf Basis der Bilanzen von 2012.

Zusatzzahlungen an Banker dürfen nicht mehr sofort ausbezahlt werden. Macht der variable Teil mehr als 100 Prozent des Fixbezugs aus, müssen 60 Prozent des Bonus auf fünf Jahre gestaffelt ausgezahlt werden. Dann auch nur, wenn sich die Bank das zu dem Zeitpunkt auch leisten kann. Fällt ein schlechtes Jahr dazwischen, verfällt der anteilige Bonus für dieses schlechte Jahr ersatzlos. Wer als Bonus Aktien bekommt, muss diese Aktien mindestens drei Jahre halten. Für kleine Banken gibt es weniger strenge Regeln.

Wie viel Bonus gezahlt wird, setzt das Kreditinstitut fest. Dafür müssen die Banken künftig einen eigenen Vergütungsausschuss als Teil des Aufsichtsrates haben. Die Aufsicht kann Zuwiderhandeln sanktionieren, will sich aber in die Motive für Boni nicht weiter einmischen.