Wirtschaft

Tote bei Protesten für faire Löhne

Immer öfter proben Textilarbeiter, die zu Hungerlöhnen im Akkord für weltweite Modelabels nähen, den Aufstand. Diesmal in Phnom Penh, Hauptstadt von Kambodscha. Am Freitag sind bei Zusammenstößen zwischen demonstrierenden Textilarbeitern und Sicherheitskräften mindestens drei Menschen ums Leben gekommen, berichten Augenzeugen. Die Militärpolizei bestätigt einen Toten und mehrere Verletzte.

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Seit zwei Wochen streiken die Textilarbeiter. Sie fordern eine Verdoppelung des Mindestlohns, der derzeit bei 80 Dollar (rund 57 Euro) liegt. Eine von der Regierung zugesagte Anhebung auf 95 Dollar hat die Gewerkschaft als unzureichend abgelehnt. Die Bekleidungsindustrie ist der größte Devisenbringer Kambodschas und beschäftigt 650.000 Menschen. Die Textilexporte werden mit fünf Milliarden Dollar beziffert. 400.000 Arbeiter nähen für internationale Modehäuser wie GAP, Nike und H&M.

Kambodscha zählt neben Vietnam, Laos und Bangladesch zu jenen Ländern, in denen die Textilindustrie besonders günstig nähen lässt. In China, oft Schneiderbank für die Welt genannt, wurden die Umwelt- und Arbeitsstandards in den vergangenen Jahren nach oben geschraubt. „2002 lag der gesetzliche Mindestlohn für Näherinnen in China bei 35 Euro im Monat, heute bei 140. Aber um das Geld bekommen Sie nicht einmal mehr eine Reinigungskraft“, rechnet der Chef eines Textilunternehmens in China vor. Im Übrigen gebe es hier immer weniger Frauen, die an der Nähmaschine sitzen wollen. Eine Folge der Ein-Kind-Politik: Die Eltern sorgen, so gut sie können, für eine gute Ausbildung ihres einzigen Kindes. Näherin muss es damit nicht mehr werden.

Zweitgrößter Textilhersteller der Welt ist Bangladesch mit einem Umsatz von 22 Milliarden Dollar. Rund zwei Millionen Menschen, vor allem Frauen, arbeiten in den 4500 Textilfabriken. Der bisher schlimmste Unfall passierte im April 2013: Beim Einsturz einer Fabrik starben mehr als 1100 Menschen.

Wenn die Löhne in einem Land steigen, zieht die Karawane der großen Modemacher einfach weiter in noch billigere Produktionsländer. Textilkonzerne beschäftigen längst Mitarbeiter, die ausschließlich damit beschäftigt sind, zu evaluieren, welche Länder aktuell besonders günstig fertigen. „Bei den großen Filialisten sind die Fabrikanten nicht mehr als Zeilen in Excel-Tabellen, persönlichen Kontakt gibt es keinen mehr“, meint auch Wolfgang Zeyringer, Geschäftsführer des Fachverbandes Bekleidungsindustrie in der Wirtschaftskammer Österreich. Für österreichische Betriebe sei die Produktion in Asien aber kein Thema. Weil die Stückzahlen zu klein sind. Sie fertigen vor allem in Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Slowenien.

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Chinatown der Toskana

Aber auch in einigen Textilfabriken in Europa liegt einiges im Argen. So starben im Dezember sieben Arbeiter bei einem Brand einer chinesischen Fabrik in der norditalienischen Textilhochburg Prato. Prato ist seit fast zwanzig Jahren fest in Händen chinesischer Unternehmer, die wegen der Ausbeutung von Arbeitern und der Missachtung der Gesetze angeprangert werden. Zwischen 2006 und 2010 sollen 4,5 Milliarden Euro von der 200.000-Einwohner-Stadt nach China geflossen sein.