Telekom Austria könnte expandieren
Carlos Garcia Moreno ist als Finanzchef der mexikanischen America Movil natürlich an Zahlen interessiert. Aber so richtig ins Schwärmen kommt der Mexikaner, wenn es um Zukunftstechnologie geht, um Daten und alles, was zahlende Konsumenten noch mit Handys machen werden.
KURIER: Herr Carlos Garcia Moreno, Sie haben in den 1980er-Jahren in den USA an der Cornell-Universität studiert und kennen das Land gut. Haben Sie es für möglich gehalten, dass Donald Trump Präsident wird? Garcia Moreno: Vor einem Jahr hat mir ein amerikanischer Freund gesagt, dass es den Amerikanern nur an den Küsten gut geht, während in der Mitte des Landes die Löhne seit 30 Jahren nicht steigen. Da war mir schon klar, dass sich ein Teil der Bevölkerung nicht mehr repräsentiert fühlt.
Wie wird der Streit zwischen den USA und Mexiko ausgehen?
Die Zahl der mexikanischen Immigranten ist in den letzten Jahren zurückgegangen. Die beste Mauer für die Amerikaner sind US-Investments in Mexiko.
Wird Trump den Freihandel mit Mexiko massiv einschränken?
Ich verstehe das alles nicht, weil der Handel mit Mexiko ist für die USA ja gar nicht so wichtig. Das Handelsdefizit mit anderen Ländern ist viel höher.
Mit China etwa. Warum geht dann Trump gegen Mexiko vor?
Das NAFTA-Abkommen mit Mexiko hat beiden Ländern geholfen. Wir Mexikaner wollen jedenfalls freien und fairen Handel.
Carlos Slim hat einmal gesagt, die Telekoms sind das Nervensystem der neuen Zivilisation. Wo investieren Sie da?
Früher ging es um Telefonie, heute um Daten. Das hat alles geändert. Dafür haben wir die Infrastruktur völlig erneuern müssen. Wir haben 50 Milliarden Dollar in den letzten fünf Jahren vor allem in Lateinamerika in Glasfaserkabel investiert. Für die mobilen Daten haben die Kupferkabel nicht gereicht.
Und die Investitionen kommen auch zurück?
Es dauert, aber es ist die einzige Chance, seine Position zu verteidigen.
Als Sie bei Telekom Austria (TA) eingestiegen sind, hieß es, Sie würden von Wien aus noch weiter in Osteuropa investieren.
Wir haben da einiges getan. Zunächst haben wir in Österreich das Glasfasernetz verdoppelt. In Osteuropa hatte die Telekom nur Mobilfunk. Inzwischen sind wir in den meisten Ländern konvergente Anbieter. In Bulgarien haben wir eine Million Haushalte. In Kroatien haben wir im Bereich Kabel investiert, in Weißrussland und Slowenien haben wir je eine kleine Gesellschaft gekauft. In Mazedonien hatten wir eine Akquisition und eine Fusion.
Werden weitere Länder dazukommen?
Bei unserem Einstieg stand die Telekom finanziell nicht sehr gut da. Wir haben eine Milliarde an Kapital eingebracht und in zwei Jahren haben wir die Schulden um 1,5 Milliarden reduziert. Bevor wir weiter expandieren, müssen wir im Heimatmarkt weiterhin stark sein. Und Auslandsbeteiligungen muss man besonders strikt managen, das war bei der Telekom auch nicht der Fall. Es wäre also unklug gewesen, weiterhin stark zu expandieren, ohne stark aufgestellt zu sein.
Aber jetzt, wo Sie diese Probleme gelöst haben...
... könnte eine Expansion anstehen. Wir wollen weiter in die konvergente Infrastruktur investieren. Wir haben ja ohnehin schon 500 Millionen für Zukäufe ausgegeben.
Und mit dem Management sind Sie jetzt auch zufrieden?
Ja, absolut. Im letzten Jahr hat die Telekom Austria die beste Entwicklung ihres Aktienkurses gehabt im Vergleich zu anderen Telekoms. Die Märkte haben also Vertrauen in die TA.
Entwickeln sich Telekoms zu Konzernen, die nicht nur Daten übertragen, sondern auch selbst Inhalte produzieren und verbreiten?
Schnelle Verbindungen sind wichtig, um überhaupt im Spiel zu bleiben. Wir verdienen nicht mehr mit Sprachtelefonie, sondern mit mobilen Daten. Hier ist das große Wachstum. Wir müssen uns neu erfinden.
Aber werden Sie auch Content produzieren?
In Mexiko haben wir eine Firma gekauft, die wie Amazon arbeitet, Claro-Shop. Wir haben auch Claro-Video, die funktioniert wie Netflix und hat 30.000 Filme, internationale und lateinamerikanische. Wir haben im Pay-TV mittlerweile 25 Millionen Abonnenten. In Mexiko haben wir aber auch einen TV-Sender, der News produziert, und das machen wir jetzt auch in anderen Ländern.
Und was ist mit Sport? Sportrechte funktionieren im Pay-TV normalerweise.
Auch hier sind wir involviert. Da hat ja langfristig niemand exklusive Rechte, man kann ja etwa die nächsten Olympischen Spiele kaufen. Wir hatten die Rechte für Brasilien 2016 für alle Plattformen in Lateinamerika. Nicht nur TV, sondern für eine eigene App, wo man alle Ereignisse sehen konnte, wann auch immer jemand wollte.
Die Zukunft heißt Mobilität, Flexibilität und Pay-TV am Handy?
Ja, und sehr viel Sport. Wir haben Anteile an zwei Fußball-Clubs gekauft. Einer hat sogar gleich die Meisterschaft gewonnen. Das Endspiel war nicht im Free-TV, sondern nur auf unserer Plattform zu sehen. Aber die Leute mussten nicht dafür zahlen, sondern wir haben das mit Werbung finanziert.
Aber Sie planen nicht, sich an einem österreichischen Fußballclub zu beteiligen.
(lacht) Nein, wenn, dann beim Skifahren.
Wo sehen Sie noch interessante Contentbereiche?
In Lateinamerika haben fast alle ein Handy, aber viele kein Bankkonto. In Mexiko können Sie jetzt mit Ihrer Handynummer ein Konto haben und die Bankservices nutzen. Daraus wurde inzwischen eine Bezahlplattform.
Gibt es Dinge, die Sie in Lateinamerika lernen und hierher bringen – oder vielleicht sogar umgekehrt?
Es geht in beide Richtungen. Wir haben hier eine App entwickelt, die heißt Parkbob, wo ein Algorithmus hilft, einen Parkplatz zu finden. Das bringen wir jetzt nach Lateinamerika. Die Telekom Austria hat ja auch eine Banklizenz, die wir bis jetzt nicht genutzt haben. Pay-TV ist hier noch nicht so wichtig, vielleicht lassen wir uns da noch etwas einfallen.