Studie: Ohne Migration wächst die Wirtschaft deutlich langsamer
Von Andrea Hodoschek
Ohne Zuwanderung würde sich die Wirtschaftsleistung Deutschlands innerhalb von vier Jahren um 2,5 Prozent abschwächen, errechnete der WU-Professor Jesus Crespo Cuaresmo in einem Prognosemodell über Migrationsströme. Für Österreich sei eine ähnliche Größenordnung zu erwarten, genaue Ergebnisse sollen im Oktober vorliegen.
Die Migrationsstudien werden von der Initiative eXplore der B&C Privatstiftung und des Industriellen Michael Tojner finanziert. Mit elf Millionen Euro auf zehn Jahre das größte private Förderprojekt an der WU, freut sich Vizerektor Harald Badinger.
Erforscht werden auch die Auswirkungen der Zuwanderung aus der Ukraine, die laut Cuaresmo mit anderen Flüchtlingsströmen nicht vergleichbar sei. Die ukrainische Bevölkerung sei jünger als die österreichische, 57 Prozent hätten einen höheren Bildungsstand, deutlich über dem österreichischen Durchschnitt, und der Anteil von Frauen und Kindern sei besonders groß. Da die meisten Flüchtlinge nach Kriegsende wieder in die Ukraine zurückkehren wollten, seien die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt nur kurzfristig.
„Informelle Migrationshürden sind weltweit ein Riesenproblem, und Österreich gehört zu den Spitzenreitern, Stichwort Austria Card“, monierte Tojner bei der Präsentation der ersten Studienergebnisse. Die Abschätzung künftiger Migrationsströme sei für die Standortwahl wesentlich, sagte B&C-Stiftungsvorstand Wolfgang Hofer. Im Innviertel etwa werde sich kein Unternehmen mehr ansiedeln, „da es dort keine Mitarbeiter gibt“. Tojner betonte, dass in den USA die Hälfte der Tech-Unternehmen von Migranten gegründet wurden.
Migrationsströme lassen sich mit dem aus der Physik bekannten Gravitationsmodell vorhersagen, erklärte Cuaresmo. Entscheidend seien Faktoren wie Entfernung, Größe, aber auch der Wohlstand der Zielregion. Kein Faktor sei das politsche System, ob es sich um eine Demokratie oder eine Autokratie handle. Bis dato wurden für Österreich Daten aus dem Mikrozensus verwendet, ab Juli sollten detaillierte Daten über das "Austrian Micro Data Center" zur Verfügüng stehen, damit könnten neue Forschungsfragen beantwortet werden.
Ehemalige Gegenspieler
Die Zusammenarbeit bei eXplore funktioniere gut, beteuerten Tojner und Hofer, einst erbitterte Gegenspieler. Tojner hatte versuchte, die B&C-Industriegruppe gegen den Willen der Stiftung zu übernehmen. „Wir hatten ein kleines Tennismatch, aber jetzt sind wir ein unschlagbares Doppel“, meinte Tojner kaunig. Und Hofer meinte, beide seien Binnen-Migranten in Wien aus Niederösterreich, die das Unternehmertum fördern.