Wirtschaft

Strom und Gas sind viel zu teuer

Seit mehr als zwei Jahren sinken die Großhandelspreise für Strom. Österreichs Privatkunden aber merken davon nichts. „Die Preissenkungen für Strom und Gas, die es Anfang Oktober gab, sind viel zu gering. Die Energieversorger haben ihre Spannen zulasten der Kunden hochgeschraubt“, empört sich Walter Boltz, Chef der E-Control.

Er hat die Spannen – also das, was den Versorgern zwischen Energieeinkauf und -verkauf übrig bleibt – analysieren lassen. Das Ergebnis: In den vergangenen zwei bis drei Jahren haben sich diese Spannen bei einigen Versorgern verdoppelt. „Das ist unangemessen“, betont Boltz. 190 Millionen Euro zahlen die Stromkunden im Jahr zu viel, meint er. Die E-Control hat schon vor zwei Jahren eine Wettbewerbs-Untersuchung beantragt, bekommt aber notwendige Daten von den Versorgern nicht.

Teures Oberösterreich

Besonders auffällig ist die Entwicklung bei der Energie AG Oberösterreich, deren Spanne zwischen Stromeinkauf und -verkauf auf 42 Prozent gestiegen ist. Aber auch die steirischen Versorger und Wien Energie sahnen mit bei den Privatkunden kräftig ab. Boltz vermutet, dass die Energiefirmen Verluste aus dem Betrieb von Gaskraftwerken auf die Kunden abwälzen. „Das ist ein Zeichen eines nicht funktionierenden Wettbewerbs. Im freien Markt könnte sich kein Unternehmen leisten, Verluste aus einer Fehlinvestition auf die Kunden zu übertragen“, moniert er.

Boltz ermuntert die Kunden daher, zu billigeren Lieferanten zu wechseln. In Oberösterreich kann sich ein durchschnittlicher Haushalt beim Strom 172 Euro im Jahr ersparen. 44 Millionen Euro kassiere die Energie AG im Jahr zu viel von ihren Stromkunden. Ein Wechsel des Gaslieferanten kann Oberösterreichern bis zu 239 Euro im Jahr bringen, Salzburgern sogar 261 Euro. Auch in Wien (212 Euro) und in Niederösterreich (215 Euro) können sich Verbraucher bei einem Umstieg zum billigsten Gaslieferanten einiges ersparen.

Fehlinformation

Verärgert reagiert Boltz auf ein Schreiben der EVN an ehemalige Kunden. Der Versorger weist darin darauf hin, dass Billiganbieter im Gegensatz zur EVN für Notfälle kein Gas in Speichern hätten und spielt damit auf mögliche unsichere Versorgung an. „Das ist einfach falsch“, sagt Boltz. Jeder Gaslieferant am österreichischen Markt muss gewährleisten, dass er auch bei Ausfall seines Vorlieferanten die Kunden zumindest 60 Tage weiter beliefern kann. Die E-Control habe dies bei allen Anbietern überprüft. Boltz glaubt, dass einige der betroffenen Ex-Kunden der EVN den Rechtsweg beschreiten wollen.

Die Aktion des Vereins für Konsumentenschutz (VKI), einen Strom- und Gas-Einkaufspool für Privatkunden zu organisieren, hält Boltz für sehr positiv. „Der VKI als vertrauenswürdige Einrichtung kann die Ängste von Kunden vor einer Verschlechterung der Versorgung beim Lieferantenwechsel mildern.“

Die enorme Menge an Strom aus Wind-, Sonnen- und Biomassekraftwerken, die in Deutschland produziert wird, ist für Österreichs Industrieunternehmen ein Segen. Denn der Ökostrom kann mangels Leitungen nicht in Länder exportiert werden, die Energie brauchen. Damit entsteht ein beachtliches Überangebot in Deutschland und Österreich, was den Strompreis im Großhandel in den Keller rasseln ließ. Und das kommt heimischen Großabnehmern zugute, deren Strompreis dem Großhandelspreis folgt.

Die deutschen Privatkunden aber müssen den Ökostrom hoch subventionieren. 20 Milliarden Euro im Jahr machen die Ökozuschläge auf den Strompreis dort inzwischen aus, mehr als 200 Euro zahlt ein durchschnittlicher Haushalt dafür im Jahr. „Die Deutschen zahlen, Österreich profitiert“, bringt es E-Control-Chef Walter Boltz auf den Punkt. In Deutschland sind die Ökostrom-Förderungen der Privathaushalte inzwischen höher als der eigentliche Strompreis. Die österreichischen Privatkunden kommen vergleichsweise günstig davon. Der Ökostromzuschlag beträgt hierzulande im Durchschnitt um die 50 Euro im Jahr.

Der deutsche Ökostrom-Boom hat noch einen zweiten Vorteil für Österreich. Da die Windenergie aus Norddeutschland mangels Leitungen nicht nach Bayern transportiert werden kann, hat der Freistaat im Winter zu wenig Strom. Heimische Versorger wie EVN und Verbund reservieren daher Kraftwerksblöcke für die Bayern – gegen gutes Geld.

Negativer Strompreis

Boltz geht davon aus, dass es in Deutschland und Österreich noch auf Jahre hinaus Ökostrom-Überschüsse geben wird. An Wochenenden oder nachts, wenn wenig Strom verbraucht wird, kann der Strompreis daher negativ werden. Das heißt: Der Kunde bekommt Geld, wenn er den Strom verbraucht. Privatkunden kommen nicht in diesen Genuss, da sie nicht direkt von der Strombörse kaufen können. Nutzen können diesen negativen Preis nur Industriebetriebe, die z. B. auch nachts produzieren.