Strengere Regeln für Ratingfirmen
Von Markus Stingl
Was wurde ihnen in der jüngeren Vergangenheit nicht alles vorgeworfen: Sie haben beträchtliche Mitschuld an der Finanzkrise, hieß es da beispielsweise. Oder: Sie sind Teil einer US-Verschwörung gegen Europa. Lange wurde diskutiert, wie man den bösen Ratingagenturen Fesseln anlegen könnte.
Am Mittwoch erzielten die EU-Granden in Brüssel eine entsprechende Einigung. Ab 2013 sollen die Bonitätsprüfer, allen voran die großen Drei der Branche, Moody's, Standard & Poor's und Fitch , strengere Regeln zu befolgen haben, wenn sie ihre Urteile über europäische Staaten oder Unternehmen abgeben.
Der zuständige EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier, der den Vorschlag erarbeitet hatte, begrüßte die Einigung und sagte, mit den neuen Regeln „reduzieren wir spürbar das Risiko einer zukünftigen Finanzkrise“.
Die wichtigsten Ergebnisse im Detail:
Haftung Künftig müssen Ratingagenturen für Fehlurteile gerade stehen. Anleger oder Emittenten können vor Gericht Verluste einklagen, wenn sie nachweisen können, dass die Bonitätsprüfung der Agenturen absichtlich oder fahrlässig falsch war.
Transparenz Die Kriterien, die den Ratings zugrunde liegen, müssen offengelegt werden. Die Agenturen müssen zudem ihre Urteile ganz generell besser begründen.
Termine Bewertungen von EU-Staaten dürfen nur noch an drei vorher festgelegten Terminen verkündet werden. Dies darf nur außerhalb der Geschäftszeiten erfolgen und bevor in Europa die Börsen öffnen. Damit will die EU nervöse Reaktionen der Märkte abmildern.
Interessenskonflikte Grenzen werden eingeführt, wie viel ein Investor an mehreren Ratingagenturen halten darf. Selbiges soll auch umgekehrt für die Agenturen gelten.
Ob die neuen Regeln der erhoffte große Wurf sind, ist allerdings fraglich. Im Zuge der Verhandlungen wurden etliche Vorschläge wieder verworfen oder abgeschwächt. Vom Tisch ist etwa die Idee, den Ratingagenturen die Bewertung von Euro-Krisenstaaten komplett zu untersagen. Oder auch die ursprünglich geplante Pflicht für Unternehmen, die von ihnen beauftragte Ratingagentur alle paar Jahre wechseln zu müssen.
Die Ratingagentur Fitch kommentierte die Ankündigungen der EU am Mittwoch auf ihre Weise. Sie ließ die Muskeln spielen und warnte Frankreich davor, ihr bald die Spitzennote AAA zu entziehen, wenn die Grande Nation ihre Schulden- und Reformziele nicht erfülle. Moody’s hatte diese Drohung vergangene Woche ja bereits in die Tat umgesetzt.