Wirtschaft

Streitfall: Bausparkassen kündigen teure Altverträge

Herr Christian Sch. war lange Zeit höchst zufrieden mit seiner Geldanlage: 2,25 Prozent für täglich fällige Einlagen – wo gibt es das schon im aktuellen Null-Zins-Umfeld? Vor drei Monaten wurde das dann auch seiner Bank zu viel. Die Bausparkasse Wüstenrot stellte ihn vor ein Ultimatum: Entweder er akzeptiere eine Reduktion der Zinsen auf 0,125 Prozent oder er solle sein Geld abheben, erzählt er dem KURIER.

Herr Sch. ist erbost über das Vorgehen der Bausparkasse. Eine einseitige Vertragsänderung will er sich nicht gefallen lassen. So wie ihm ergeht es derzeit zig anderen Kunden von Bausparkassen. Denn die Institute hatten ihnen vor Jahren – aus heutiger Sicht – hohe Fixzinsen versprochen, wenn sie ihr Geld nach Ablauf der sechsjährigen Bausparvertrags-Frist noch liegen lassen. Das haben viele Kunden auch getan. Die Bausparkassen aber können sich jetzt die hohen Zinsen nicht mehr leisten und versuchen diese Altkunden los zu werden.

Auch die s-Bausparkasse hat mit teuren Altverträgen zu kämpfen. Die meisten dieser Kunden hätten allerdings sehr kleine Beträge liegen. "Wir haben nur jene Kunden angeschrieben, die mehr als 25.000 Euro mit einer Verzinsung von mehr als zwei Prozent bei uns liegen haben", erklärt eine Sprecherin der s-Bausparkasse. Dabei gehe es um weniger als 50 Verträge.

Entstanden sei die Fixzusage der Zinsen nach Vertragsende vor mehr als zehn Jahren, als die Bausparkassen um Kundeneinlagen buhlten. Derzeit aber haben sie genug Geld, die Kreditnachfrage ist eher flau. Zudem sei es nicht der Sinn des Bausparens, Geld über viele Jahre zu parken, sondern Eigenkapital für einen Kredit anzusparen.

Kein Problem mit teuren Altverträgen hat die Raiffeisen Bausparkasse. Sie betont, dass sie immer schon Marktzinsen bezahle und diese quartalsmäßig anpasse. Derzeit gibt es nach Ablauf eines Raiffeisen Bausparvertrags 0,1 Prozent Zinsen.

Musterklage

Mit der Kündigung der Altverträge begeben sich die Bausparkassen in rechtlich unsicheres Terrain. Denn eine einseitige Änderung der Vertragsbedingungen ist konsumentenrechtlich nicht eindeutig.

Wüstenrot beruft sich auf Paragraf 6 Abs. 1 Z. 2 des Konsumentenschutzgesetzes und eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Linz. Demnach sei die Änderung möglich, wenn der Kunde binnen drei Monaten nicht widerspricht. Die s-Bausparkasse hat zudem ein Rechtsgutachten eingeholt, wonach die Vertragsänderung möglich sei, wenn dem Kunden ein spesenfreier Ausstieg aus dem Vertrag ermöglicht werde. Die Arbeiterkammer gibt sich damit nicht zufrieden und lässt die Rechtmäßigkeit der einseitigen Vertragskündigung überprüfen. Denn die Fixzinsvereinbarungen nach Ablauf der Bausparvertrags-Frist sei unbefristet.